Solch ein 360-Grad-Panorama könnte „die Kirche zu den Menschen aus der Kirchengemeinde nach Hause bringen, die gerade Abstand halten müssen“, war sich Oepen sicher. Pfarrer Matthias Ströhle begeisterte das Projekt sofort. „Wir haben gerade überlegt, was wir in dieser Zeit tun können, als der Anruf von Herrn Oepen kam.“ Der 47-Jährige besprach sich mit seinen Pfarrerskollegen Dorothee Sauer, Kathrin und Micha Fingerle. Zusammen tüftelten sie aus, wie man einen virtuellen Rundgang durch die Stadtkirche gezielt mit Andachten verknüpfen könnte. „Wir wollten das so schnell wie möglich ins Netz stellen, deswegen hatten wir nicht den Anspruch, dass alles perfekt sein muss, wie bei einem Projekt, das monatelang geplant wurde“, sagt Ströhle. Stattdessen nahmen sie Sachen mit den Handys auf und entwickelten schnell viele kreative Ideen. „Aus dieser Krise entsteht gerade auch Gutes, weil Menschen motiviert sind und sich mit dem einsetzen wollen, was sie können“, sagt Ströhle.
Die technische Umsetzung des virtuellen Rundgangs hat etwa fünf Tage gedauert. Ein 360-Grad-Panorama besteht aus mehreren Einzelbildern, erklärt Kevin Oepen. Er stellt seine Kamera auf ein Stativ, fotografiert einen Teil des Raumes, dreht die Kamera und fotografiert den nächsten Teil und so weiter. Aus diesen Einzelbildern lässt sich dann mit speziellen Computerprogrammen eine Art Kugelbild zusammensetzen. „Man kann dann überall hinschauen, wo ich als Fotograf hingeschaut habe“, sagt er.
Kirche Zuhause - Klick auf Orgel führt zur Musik
Im Kugelbild integriert sind anklickbare Elemente. Wer auf die Orgel klickt, kann sich deren Klang anhören. Ein Klick auf den Altar führt zu einem Audio-Beitrag, in dem die dortige Kreuzigungsgruppe erklärt wird. Das Pfarrersteam aus Sigmaringen hat die Elemente mit Leben gefüllt und aktualisiert sie. So führte der Klick auf die Kanzel direkt nach Ostern zu einem Video mit dem Ostergottesdienst. Denn mit der virtuellen Kirche möchte die Gemeinde nicht nur einen architektonischen Rundgang bieten.
Erste Rückmeldungen sind durchweg begeistert. „Eine Frau hat erzählt, dass sie sich virtuell auf eine Kirchenbank gesetzt hat, um dort zu beten“, sagt Ströhle. Eine Lehrerin habe ihn angerufen und gefragt, ob sie den virtuellen Rundgang einsetzen könne, um Schülern eine Erkundung der Kirche als Aufgabe zu geben.
Pfarrer Matthias Ströhle; Sigmaringen. Foto: Privat
Ströhle selbst denkt bereits weiter: „Wir überlegen schon lange, ob wir unsere Kirche nicht als Fahrradkirche öffnen, da sie direkt am Donauradweg liegt. Mit der virtuellen Kirche könnten wir eine Kirchenführer-App machen, die den Radfahrern Informationen gibt.“
◼ Der Rundgang ist im Internet zu sehen unter
www.evang-sig.de sowie www.kevinoepenphotography.com