Für die „Konfi-Challenge“ schickte sie verschiedene Aufgaben herum, etwa: „Welches Video bringt dich zum Lachen? Lass uns mitlachen!“ Über die digitalen Kanäle hat sie Fürbitten der Konfis gesammelt und diese im Gottesdienst, den sie per Video öffentlich gemacht hat, vorgelesen. „Der Rücklauf war großartig – es haben sich ganz viele gemeldet.“ So haben sie zum Beispiel Screenshots von ihrem Stream-Gottesdienst geschickt. „Das ersetzt ja auch das Unterschriftenheftchen, mit dem sie sonst den Gottesdienstbesuch dokumentieren müssen.“
Klar ist für Pfarrerin Kling: „Ich vermisse die Treffen.“ Doch die digitale Alternative will sie nicht nur als schlechteren Ersatz sehen. Denn das Virtuelle habe auch seine Vorteile: „Das ist eine andere Ebene des Austauschs, und manchmal habe ich das Gefühl, so viel mehr über meine Konfirmanden zu erfahren. Im Digitalen fällt es manchen leichter, sich zu outen – in der Gruppe wären sie eher still geblieben.“
Ist Corona eine Strafe Gottes?
Beim Austausch im Kollegenkreis hat nur eine weitere Pfarrerin ähnlich positiv berichtet. Der Rest war skeptischer, sagt Jörg Conrad: „Sie sagen, es sei sehr schwierig und mühsam, den Kontakt zu den Gruppen zu halten. Von den Jugendlichen sei wenig zu hören. Das sei sehr unbefriedigend.“
Jörg Conrad hat deshalb zum Telefon gegriffen und seine zehn Konfirmanden mal angerufen: „Das sind nur sehr kurze Gespräche, aber man hat sich wenigstens mal gehört.“ Er hat angeboten, ihm Fragen zu stellen. Da kam schon mal: „Warum lässt Gott das zu? Ist Corona eine Strafe von ihm?“ Aber von den meisten höre man nichts: „Ich persönlich nehme das als Abbruch wahr. Kirche spielt bei den Jugendlichen jetzt keine Rolle, und ich habe nicht den Eindruck, dass sie den Weg in die digitale Kirche gefunden haben“, ist Conrads Einschätzung.
Harry Waßmann vermisst besonders die Gruppenstunden. Konfirmandengruppen waren schon immer seine Leidenschaft, drei Gruppen mit 45 Konfirmanden hat er dieses Jahr. Es sind seine letzten. Im Sommer geht er in den Ruhestand. „Mit Jugendlichen zu arbeiten war mir immer besonders wichtig“, sagt er. „Damit sie spüren: Der Glaube könnte dir ein Licht aufsetzen, er ist nicht Zwang. Bei der Konfirmation bekommen die Jugendlichen erlebte Religion mit. Und dass sie sich dort selber artikulieren können. Dieses Finale fehlt.“
Harry Waßmann hadert mit dem Verbot der Landeskirche, Präsenz Konfi-Stunden zu machen. „Wir haben hier einen großen Saal für 300 Leute – warum kann man sich da nicht mit 15 Leuten verteilen?“ Einer seiner Konfirmanden habe ihn angerufen: Man könne doch im Grünen Gruppenstunden machen. „Ich wünsche mir, dass man uns Pfarrern zutraut, verantwortungsvoll mit der Situation umzugehen.“
Aufgeben will er noch nicht: „Ich mache weiter. Mit E-Mail – und ich versuche, Aufgaben zu geben. Vielleicht für eine Konfi-Zeitung. Weil ich doch am Papier hänge, da bin ich antiquiert.“ Er hofft, nach Pfingsten mit den Gruppen weitermachen zu können und auf einen baldigen Abschluss: „Das kann man doch nicht bis Weihnachten ziehen.“
Aber das ist genau die Frage. „Alle stehen doch im Spagat“, sagt Jörg Conrad. „Weitermachen? Aber unter welchen Bedingungen? Oder das Ganze ins nächste Frühjahr verschieben?“ Im Tübinger Kreis geht die Tendenz dahin, als Konfirmationstermin noch den Herbst anzupeilen, er selber ist für einen Stopp jetzt und ein Weitermachen im Frühjahr: „In unsere Nehrener Kirche passen mit Abstandsregeln nur 30 Leute – also pro Konfirmand noch zwei weitere Personen. Das geht eigentlich nicht.“ Die Eltern sehen das mehrheitlich ebenso.
Konfirmation - Verschoben heißt nicht ausgefallen
So lange will Bernhard Richter, Pfarrer an der Aalener Stadtkirche, nicht warten. In einem ganz besonderen Gottesdienst hat er den 27. September in Aussicht gestellt – wenn es die Lage denn zulässt. Dieser Gottesdienst war am Freitag vor dem geplanten Konfirmationssonntag der Gemeinde aufgenommen worden und über Youtube dann am Sonntag abrufbar. An seiner Seite waren zwei der Konfirmanden, Lars Rieger und Thomas Hartmann. Sie brachten ihre Enttäuschung über die Absage zum Ausdruck: „Überall im Land wäre heute Konfirmation.“ Aber sie hatten auch eine Botschaft: „Die Konfirmation fällt nicht aus, sie ist nur verschoben.“ Als kleinen Ausblick trugen sie Teile der Texte vor, die sie für den Konfirmationsgottesdienst vorbereitet hatten.
Egal, wann die Konfirmation nun kommt – sie kommt. Das hat auch Julia Kling ihren Konfirmanden geschrieben: „Ich verspreche euch: Es wird sie geben.“ Das steht auf einer Postkarte, die sie ihrer Gruppe zum 3. Mai geschickt hat – dem ursprünglichen Termin. Und noch etwas hat sie darauf geschrieben: „Ich muss oft ganz arg an euch denken!“ □