Der Unterschied besteht darin, dass der CVJM ein eigenständiger Verein ist, mit Mitgliedsbeitrag und Jahreshauptversammlung. Die Kirchengemeinde ist Partner, ein Verbündeter im Glauben, dort wo man auf einer Wellenlänge ist. In Holzgerlingen ist das der Fall. Der CVJM macht im Auftrag der Kirchengemeinde die gesamte Jugend- und Posaunenchorarbeit. Knapp 20 Gruppen und Kreise in allen Altersklassen, da ist was geboten. Auch Gemeindepfarrer Traugott Meßner ist Mitglied im CVJM, sowie die Hälfte seines Kirchengemeinderats. „Wir ziehen hier an einem Strang“, sagt Meßner.
Kirchengemeinde und CVJM sind in Holzgerlingen zwei Seiten ein und der derselben Medaille.
Nur in den 80er-Jahren war es mal kritisch. „Da hat uns eine charismatische Bewegung unterwandert und ich musste die Vertrauensfrage stellen“, erinnert sich der frühere Vorsitzende Walter Fritsch. Es ging zum Glück gut, der CVJM Holzgerlingen blieb an der Seite der Landeskirche. „Die örtliche Gemeinde ist unsere Heimat“, sagen unisono Walter Fritsch und sein Nachfolger Dietmar Blessing.
Inzwischen hat sich das „Plätzle“ gefüllt. Familien kommen mit ihren Kindern, alte Mitglieder, Junge, die gleich aufs Fußballfeld streben. Auch Simon Fritz ist eingetroffen. Der 36-Jährige leitet heute ein paar Gruppen und Kreise weniger als früher, „ich bin gerade in der Familienphase“.
Zweiter Vorsitzender allerdings ist er geblieben. Zuständig für Freizeiten und vieles andere. Einen ganzen eigenen Katalog haben sie beim CVJM in Holzgerlingen mit Zeltlager für Jungen und Mädchen, Skifreizeiten für Kinder und Erwachsene.
„Wer will, kann beim CVJM Holzgerlingen seine ganze Freizeit verbringen“, sagt Simon Fritz. Er selber ging dann doch einmal über Grenzen und hat seinen Zivildienst beim CVJM-Gesamtverband in Kassel gemacht. Zehn Monate lang kutschierte er den damaligen Leiter Ulrich Parzany durch die Gegend.
Simon Fritz hat genau wie viele andere seine Ehefrau beim CVJM kennengelernt. Sie kam aus beruflichen Gründen von Baiersbronn in den Raum Böblingen, hat eine geistliche Heimat gesucht. So landete sie beim CVJM Holzgerlingen und schließlich auch beim zweiten Vorsitzenden Simon Fritz.
Die Frauen spielen heute eine große Rolle beim ehemals „Christlichen Verein Junger Männer“. Sarah Mast (25) fühlt sich dort jedenfalls pudelwohl, „ich bin fast jeden Sonntag hier“, sagt sie, „ich genieße die Gemeinschaft, das ist wie eine zweite Familie“. Sie macht Jungschar, Posaunenchor, Lauftreff und ist seit kurzem auch im Leitungsteam von „Nightlife“, einem Treff für junge Leute, der einmal im Monat auf dem „Plätzle“ stattfindet. Dann wird dort gegessen, getrunken und „gechillt“, Musik gehört und Bibelarbeit gemacht.
Die Bibel ist irgendwie immer dabei beim CVJM, der Gedanke an Jesus und seine Botschaft keine Nebensache, sondern im Zentrum aller Aktivitäten. „Er ist für uns gestorben, durch ihn erfahren wir Vergebung“, sagt Sarah. Im zweimonatlich erscheinenden Vereinsheft werden auf Seite zwei die aktuellen Gebetsanliegen gelistet.
Für einige auf dem „Plätzle“ wird es jetzt Zeit, aufzubrechen. Auswärtsspiel in der Eichenkreuzliga bei der Evangelischen Jugend Malmsheim. Die Eichenkreuzliga ist eine christliche Fußballliga, der CVJM Holzgerlingen seit zehn Jahren mit von der Partie. Zweimal war man württembergischer Meister, einmal deutscher Vize-Meister. „Doch das ist nicht das Entscheidende“, sagt Trainer Uwe Nagel. Der faire Umgang steht im Mittelpunkt und natürlich der christliche Glaube, der kurz vor Anpfiff mit einer Andacht zum Ausdruck gebracht wird.
Die Nummer 12 der Malmsheimer schlägt die Bibel auf, die beiden Teams sitzen im Halbkreis auf dem Rasen und beten. Psalm 127, „den Seinen gibt‘s der Herr im Schlaf“. Auf dem Platz freilich wirken die Holzgerlinger reichlich ausgeschlafen und siegen souverän mit 5:0. Tabellenführung! „Natürlich wollen wir gewinnen“, sagt Trainer Nagel. Ein Leben lang spielt er schon in der Eichenkreuzliga, der normale Sportbetrieb war seinen Eltern zu weltlich und mit zu viel Alkoholkonsum verbunden.
Sport ist etwas wichtiges beim CVJM, etwas, mit dem man auch Menschen erreicht, die nicht so christlich sozialisiert sind oder aus einer anderen Konfession stammen. Das wichtige 1:0 hat Jonathan geschossen, ein Methodist. Die meisten Spieler jedoch kommen aus den Reihen des CVJM, die Rückennummern 3, 6 und 14 sogar aus einem einzigen Hause. Auch der CVJM-Fußball ist ein Familienbetrieb.
Dasselbe gilt für den Bibelabend. Um 20 Uhr versammeln sich die CVJMer im Brenz-Gemeindehaus. Martin Blessing leitet die Stunde, sein Bruder Dietmar ist Vorsitzender. Wer einen ganzen Tag mit ihnen verbringt, hat es sich längst abgewöhnt „CVJM“ zu sagen, „CVIM“ heißt das in Württemberg, I statt J, das spricht sich leichter.
Im Keller gibt es auch einen George-Williams-Saal, das erinnert an den CVJM-Gründer in England. Ansonsten fiebern hier alle dem eigenen Jubiläum 2021 entgegen. 125 Jahre CVJM Holzgerlingen, das ist den meisten dann doch etwas näher als die Gründung 1844 in England.
Zum Jubiläum gibt es am 6. Juni, 20 Uhr, einen Lobpreisabend in der Mauritiuskirche Holzgerlingen.