Kreuzkirche - im Bauhausstil erhalten
Wie an der Kreuzkirche abzulesen ist, war es durch Beton möglich, eine gerundete Stirnwand zu realisieren und große Weiten stützenfrei zu überbrücken. Nach Worten des Architekten Paul Trüdinger sollte das Äußere der Kirche „das getreue Abbild des Inneren sein, ohne Zutaten und falschen Schein“. Von außen eine monumentale Basilika aus aufragenden Baukörpern, zeigt sich der Innenraum als unverstellter Saal, in dem nicht nur Gottesdienste gefeiert werden können, sondern auch Konzerte stattfinden.
Foto: Julia Lutzeyer
Das auffälligste Gestaltungsmittel im Kirchenschiff ist ein Lichtband zwischen Wand und Decke. Der Betrachter gewinnt den Eindruck eines schwebenden Plafonds. Der Altarraum mit Taufbecken und in den Saal hineinragender Kanzel ist durch flache Stufen nur leicht erhöht und bietet durch eine halbkreisförmige Bank Sitzplätze für eine kleine Feiergemeine. Ein dunkles, schlichtes Kreuz ist in ein gerundetes Holzraster eingelassen. Dahinter befand sich früher die Orgel. Ihre Prospektpfeifen sind noch zu erkennen. Wie aus einem Guss wirkt die Hedelfinger Kreuzkirche nicht zuletzt wegen ihres durchgehenden und bis ins Freie reichenden Klinkerfußboden. Und wer bei einer Besichtigung auf eine der Kirchenwächterinnen trifft, gewinnt den Eindruck, dass die Gemeinde mächtig stolz ist auf das bis in die Details ansprechende und für seine Zeit so fortschrittliche Gotteshaus.
Treppenhaus der Kreuzkirche
Foto: Julia Lutzeyer
Brenzkirche - Bauhausstil ging verloren
Ganz anders die Brenzkirche. Die hat im Lauf ihres Bestehens so viele starke Eingriffe über sich ergehen lassen müssen, dass sie ihr einst so frisches Gesicht verloren hat. Dennoch steht das Kirchengebäude wie die Kreuzkirche in Hedelfingen unter Denkmalschutz. Denn an ihr, so die Begründung aus dem Jahr 1984, sei das nationalsozialistische Vorgehen gegen das Neue Bauen abzulesen.
Foto: Julia Lutzeyer
Es mutet daher recht utopisch an, wenn auf den städtebaulichen Entwürfen zum Quartier Rote Wand, auf dem 118 Wohneinheiten entstehen sollen, plötzlich die ursprüngliche Kirche auftaucht anstelle der tatsächlich vorhandenen. Pfarrer Karl-Eugen Fischer sieht darin einen Hinweis, dass die Anliegen des im Juli 2019 gegründeten Fördervereins Brenzkirche Stuttgart durchaus realisiert werden können.
Weißenhofsiedlung, Le-Corbusier-Häuser und der Bauhausstil
„Die aktuell knapp 70 Mitglieder des Vereins wie fast alle Gemeindemitglieder wünschen eine Rückkehr zur ursprünglichen Form“, sagt Fischer. Im Zuge der Internationalen Bauausstellung 2027 und mit Blick auf die zum Unesco-Weltkulturerbe erhobenen Le-Corbusier-Häuser der nahe gelegenen Weißenhofsiedlung tun sich ganz neue Möglichkeiten und Allianzen auf. Auch die Nutzung der Brenzkirche als Atelierkirche dürfte ein Argument sein, die Landeskirche und andere Fürsprecher für das Vorhaben zu gewinnen. Zudem soll die gesamte Baugeschichte und die auf Druck der Nationalsozialisten erfolgte Umgestaltung des Gotteshauses ausführlich präsentiert werden. Vor allem aber soll die ohnehin sanierungsbedürftige Brenzkirche wieder zu einer Visitenkarte werden, die dem Geist der Gemeinde entspricht. Der Pfarrer nennt diesen: weltoffen und modern.
„Uns geht es weniger um eine Rekonstruktion des Ursprungsbaus, sondern um eine Modernisierung, die Bezug nimmt auf die 1933 im Stil des Neuen Bauens errichtete Brenzkirche“, sagt Fischer. Die vom Treppenhaus im Inneren noch zu erkennende runde Ecke wäre leicht wiederherzustellen. Das Satteldach würde zurückgebaut und die Fensterfront zur Straßenseite hin vergrößert werden, der Treppenverlauf wäre so auch von außen zu erkennen.
Einschließlich der unverrückbaren Bänke in ihrem Inneren berührt der jetzige Zustand der Brenzkirche aus Sicht des Pfarrers Karl-Eugen Fischer auch gottesdienstliche Belange. Schließlich kommuniziert Architektur stets mit ihren Betrachtern und Nutzern. „Wir wünschen uns eine Kirche, die sich zur Stadt hin öffnet und Menschen dazu einlädt, kreativ mit ihrem Glauben umzugehen.“ Diese Botschaft vermittle die eher verschlossen wirkende Brenzkirche in ihrer gegenwärtigen Gestalt tatsächlich nicht.
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