Claudia Haasis hat das Haus mit 13 Jahren kennengelernt: „Hier habe ich meinen Konfirmationsspruch rausgesucht.“ Und sicher nicht daran gedacht, hier zu arbeiten. Selbst Anfang 2018, als das Haus eine neue Leitung suchte, wartete auf Claudia Haasis schon ein Job in Paris. Berlin wäre für die Diplom-Verwaltungswissenschaftlerin auch eine Alternative gewesen.
Tieringen auf der Alb. Claudia Haasis am Schäferwagen. Foto: Wolfgang Albers
Vom Studium an hat sie in Frankreich gelebt und lange in Avignon an der Universität gearbeitet. Zu ihrer Karriere gehört auch eine EU-Mission in Mazedonien. Aber dann zog die Heimat sie wieder an. Die Kinder waren groß, der Mann verstorben, die Eltern alt. Als ihr Blick auf die Bittenhalde-Stellenausschreibung in der Lokalzeitung fiel, war ihr klar: „Das ist es.“ Und so wurde sie die erste Frau und die erste Nicht-Theologin in der Leitung des Hauses.
Und hat es in den zwei Jahren Normalbetrieb lieben gelernt: „Wir sind ein tolles Team und ein sehr familiäres Haus.“ Das auch in seiner Anmutung seinen Reiz habe: „Viele sehen uns inzwischen als ein Design-Museum der 70er-Jahre.“ Aber das Haus hat einen modernen Anbau erhalten, mit einem lichtdurchfluteten Tagungsraum samt Rundum-Panorama, oder die Alb-Lounge, einen ebenso hellen Treff samt Aussenterrasse. Es behaupte sich neben den größeren oder bekannteren Bildungshäusern der Landeskirche, sagt Claudia Haasis: „Wir sind schon ein bisschen die Gallier, aber es muss auch die Gallier geben, die weitab vom Schuss sind. Die Leute aus den Ballungsräumen genießen das.“
Bildungshaus Bittenhalde - Auf der Alb statt im großen Paris
Das alles hat Corona gestoppt. Und allein im Jahr 2020 ein Defizit von 400 000 Euro verursacht. Denn selbst in den Monaten der Öffnung ging vieles nicht. Im größten Tagungsraum, in dem normalerweise 100 Leute Platz finden, dürfen sich unter Corona-Regeln maximal 32 Personen aufhalten. Mehrbettzimmer? Praktisch nicht zu belegen. Musikerproben? Brauchen eine Deckenhöhe von 3,50 Meter, das Haus bietet aber nur drei Meter.Vom Staat ist wenig zu erwarten, als Körperschaft des öffentlichen Rechtes fällt Bittenhalde durch die Raster: „Für uns gibt es nur den Ankerpunkt Kirche.“ Klar, dass einem da auch schon mal weniger optimistische Szenarien durch den Kopf gehen.
Aber Claudia Haasis hofft auf eine Zukunft, für die 20 Mitarbeitenden und für das Konzept Bittenhalde: „Hier kann die säkulare Welt auf die kirchliche Welt treffen. Und es muss auch ein Bildungsangebot für den ländlichen Raum geben.“
Was bleibt? Warten, wie sich die Dinge entwickeln? Augenscheinlich nicht das Ding von Claudia Haasis. Sie ist zertifizierte Pilgerbegleiterin und dazu Wanderleiterin. Und hat die zwangsstillen Wochenenden genutzt, um durch die Umgebung zu streifen: „Ich entdecke gerade meine Heimat neu, durch die ich als Kind gekraxelt bin.“ Nicht zum eigenen Vergnügen, sondern um Pilger-Angebote zu entwickeln. Das können auch kleine Runden zur Besinnung sein, etwa zum „Käpelle“ – eine ökumenische Dank- und Friedens-Kapelle, mit deren Bau Bürger aus Tieringen und Hausen 2007 begannen. Genau auf der Grenze der beiden Orte, mit einem Deckenfresko von Juan Bejarano aus Buenos Aires.
Überhaupt: Die Möglichkeiten, vom Haus weg auf unterschiedlichsten Wegen durch die Natur zu streifen, begeistern sie jedes Mal wieder aufs Neue. Da sieht sie Potential für das Haus Bittenhalde: „Das ist ein Freizeitbereich, der an Attraktivität zulegt.“ So hat sie für das Haus das Siegel „Wanderbares Deutschland“ beantragt. Im Jahresprogramm 2021 jedenfalls ist schon das Seminar „Fuss fassen – gemeinsam achtsam pilgern“ für den Juni ausgeschrieben. Vielleicht klappt es ja ... □