Nachträglich durchgeführte Experimente legen nahe, dass man im Gutenbergischen Verfahren am Tag bis zu 3600 Druckseiten herstellen konnte, im Vergleich zu den allenfalls 40 in der damals üblichen Handdrucktechnik. Und noch früher waren es wenige bestens ausgebildete Mönche und Nonnen in Klöstern, die das Wort Gottes in Handarbeit schrieben.
„Der Mehrwert der neuen Drucktechnik, bei der Matrizen in ein Gießgerät eingelegt wurden, lag darin, dass man an einem Tag mehr drucken konnte, als man früher in einem Jahr abzuschreiben in der Lage war“, sagt Franziska Stocker-Schwarz. Somit waren die technischen Möglichkeiten für einen Massenartikel geschaffen. Der Buchdruck wurde zur Grundlage der heutigen Wissensgesellschaft, trug zur Entfaltung der Wissenschaften bei und darf als Medienrevolution gewertet werden.
Gutenberg Bibel - auch ein Faksimile ist kostbar
Ein eher unscheinbares Objekt der Stuttgarter Ausstellung ist ein Handgießgerät. Es bildete den Kern von Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks. Mittels des Handgießinstrumentes ließen sich bewegliche Bleilettern rasch und passgenau in großen Mengen herstellen, „eine Schlüsselvoraussetzung für die Wirtschaftlichkeit des ganzen Buchdrucks“, sagt die Leiterin des Biblioramas.
„Das Original der Erstausgabe der Bibel der Württembergischen Bibelanstalt kann in einer Vitrine bewundert werden.“ Mit diesen Worten macht Franziska Stocker-Schwarz Lust auf die Ausstellung. Von der Gutenberg-Bibel ist ein Faksimile des ersten Teilbandes zu sehen. „Wenn wir das Original der Gutenberg-Bibel hier haben wollten, bräuchten wir eine Schatzkammer, eine Alarmanlage und eine Verbindung zur Rufbereitschaft der Polizei“, sagt die Theologin. 1987 sei zum letzten Mal eine Gutenberg-Bibel von einem Sammler in den USA verkauft worden. Der Preis für den ersten Teilband: 3,9 Millionen Dollar. Auch ein Faksimile ist so kostbar, dass Franziska Stocker-Schwarz es nur mit Handschuhen berührt.
Eine Kopie der Gutenberg-Bibel im Bibliorama. Foto: Brigitte Jähnigen
Übrigens: Auf eine Seite der Gutenberg-Bibel gehen etwa 2600 Zeichen. Infolgedessen musste jeder Setzer 7600 Buchstaben zur Verfügung haben. Eine „Seite“ lag im Kasten, eine Seite hatte der Drucker in seiner Presse und eine Seite hatte ein fachkundiger Geistlicher zur Korrektur. Insgesamt standen den Setzern über 46 000 Buchstaben zur Verfügung. Alle diese Lettern wurden mit dem kleinen Handgießgerät gegossen. Eine Arbeit, die etwa zwei Jahre Vorlaufzeit beanspruchte.
◼ „Als die Lettern laufen lernten“ Mehr hierzu im Internet unter www.bibelmuseumstuttgart.elk-wue.de