Das Gewissen erleichtern und wenigstens die ausgemisteten Teile aus dem Kleiderschrank spenden für Menschen in Osteuropa, im Nahen Osten oder in Afrika? Damit Platz für Neues ist? Erste Staaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft wollen den Import aus Europa verbieten. Die günstig auf den Markt geworfene Kleidung ruiniere die Textilproduktion dort. Die abgetragene Kleidung wird zwar in Deutschland angeboten, aber auch nach Osteuropa, in den Nahen Osten oder nach Afrika verkauft.
Wer also Kleidung zu einer Wiedergeburt verhelfen will, kann jagen gehen in den Ulmer Second Hand-Läden. Und dabei individuelle Teile treffen. Los geht’s!
Secontique - Aktion Hoffnung
Wo ist er nur, dieser neue Second Hand-Laden, den es seit Sommer in der Ulmer Dreiköniggasse in der Innenstadt gibt? Der soll die erste Station sein. Man läuft ein paar Mal dran vorbei – dann: Da ist er! Secontique – so elegant der Namen klingt, so wenig sieht das Schaufenster nach Kleidung aus, die auf ein zweites Leben wartet. Hochwertige Kleidung wird da an Modepuppen in Szene gesetzt. Drinnen werfen Deckenspots ihr Licht auf Blazer, Kleider, Hosen und Blusen, die in verschiedenen Nischen präsentiert werden. „Oft kommen Leute vorbei und fragen, warum die Kleider so günstig sind“, erzählt eine Verkäuferin lachend. Etwa das elegante Kleid mit den Rosen: 17 Euro. Die Kunden sollen das gleiche Einkaufserlebnis haben wie in anderen Modeboutiquen – so das Ziel der „Aktion Hoffnung“ der katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die Frauen- und Männerbekleidung, die hier gespendet und von Mitarbeitern sortiert, aufgebügelt und entfusselt wird, geht überwiegend für zehn bis 30 Euro über die Ladentheke. Auf dem Angebotsständer hängen aber auch Teile für drei Euro und es gibt so Exklusives wie einen Ledermantel, für rund 100 Euro; oder einen komplett zusammengestellten Anzug für 130 Euro. Findet ein Kleidungsstück keinen Liebhaber, wandert es in die Sammelzentrale nach Laupheim. Dort hat es nochmal die Chance, verkauft zu werden, ansonsten geht es an Bedürftige. Die Einnahmen von Secontique in Ulm sowie die der Filiale in Albstadt fließen an die Caritas und in Projekte der Aktion Hoffnung. Zum Beispiel werden Auszubildende in Paraguay unterstützt.
Oxfam Secondhand
Nur einmal umfallen und schon ist da der nächste Second Hand-Laden. Der Oxfam-Laden in der Pfauengasse. Dort ist die Auswahl zwar geringer – der Laden ist klein –, aber ebenfalls sehr ausgewählt. Manche Kleidungsstücke sehen aus, als wären sie nie getragen worden. Auch einige Edelmarken sind vertreten. Und im Fasching sogar passenderweise Faschingskostüme. Ehrenamtliche verkaufen hier Kleidung für Männer und Frauen, die gespendet wurde. Und auch hier gibt es Schuhe und etliche Accessoires. Die Mitarbeiterinnen bei Oxfam machen das alle ehrenamtlich. Mit dem Kauf eines Kleidungsstücks unterstützt man hier ein Sozialprojekt. Vom Preis her gibt es weder nach unten noch nach oben eine Grenze.
Wer im Laden von Oxfam Kleidung kauft, unterstützt ein Sozialprojekt. Foto: Isabella Hafner
Secondhand-Schätze im Sozialkaufhaus
Und schon wieder sind es nur ein paar Fußminuten bis zum nächsten Ziel. Ein ganzes Kaufhaus mit gebrauchter Kleidung. Ein Paradies für Menschen, die voller Ausdauer nach besonders günstigen Teilen stöbern wollen. Jacken, Pullis, Schuhe, Taschen, Gürtel – alles gibt’s im sogenannten Sozialkaufhaus „Neue Arbeit“ in der Büchsengasse. Und zwar auf zwei Etagen; für Frauen, aber auch Männer und Kinder.
Auf den vielen Ständern hängt zwar nicht immer das Modernste, aber vielleicht ist gerade das eine getigerte Oberteil das „Must-have“ auf der nächsten Mottoparty? Oder man findet die richtige Bluse für seinen exklusiven Style genau hier. So wie das Prada-Kleid. Die Schatzsuche lohnt sich vor allem jeden letzten Donnerstag im Monat. Dann wird ein Grabbeltisch angeboten. Jedes Teil für 50 Cent. Dienstags gibt es alles, was reduziert ist, für einen Euro. Das Schöne außerdem: In der Neuen Arbeit sind Menschen angestellt, die auf diese Weise in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden.
Claudine - Secondhand mit dem gewissen Etwas
Dann geht’s am Rathaus vorbei, hinunter Richtung Donau. Zu „Claudine“. Wie der französische Name schon vermuten lässt: Bei „Claudine“, deren Laden in einer alten Hutmacherei in der Herdbruckerstraße sein Zuhause gefunden hat, taucht die Kundin ein in einen extravaganten Modesalon: Nur Kleidungsstücke, die der Chefin Andrea Rauch zufolge „immer etwas Besonderes“ aufweisen müssen, haben hier eine Chance. Die vielen Farben der Kleidungsstücke leuchten von ihren Stangen und werden eingerahmt von Retro-Ladeneinrichtung aus mitteldunklem Holz. Die Wände hat Claudine grau gestrichen, von der Decke hängt ein Kronleuchter. Wer zur Beratung mitkommt, kann es sich in einem der beiden Cocktailsessel bequem machen. Zur Besonderheit des Ladens trägt auch Claudines ältere und aparte Verkäuferin bei.
Kleiderrausch - Secondhand Markenware
Ganz andere Ecke: Auf dem Kreuz, dem Dorf mitten in der Ulmer Innenstadt. Dort schleichen normalerweise Katzen übers Kopfsteinpflaster, es ist ruhig. Doch seit mehr als 30 Jahren existiert dort ein Second Hand Laden. Angeblich der älteste Ulms, wie Claudia Kamphausen sagt, die ihn vor vier Jahren übernommen und umgetauft hat in „Kleiderrausch“.
Claudia Kamphausen bietet im „Kleiderrausch“ vor allem Markenware. Foto: Isabella Hafner
Berauscht ist man tatsächlich, wenn man eintritt in das kleine Paradies aus zwei Zimmern – nachdem man von einem Hund begrüßt wurde. Schön präsentiert in einem offenen alten Holzschrank, auf Holztischen und Vitrinen werden hier Kleider, Kostüme, Hosen, Blusen, Mäntel, Schuhe, Taschen und Schmuck.
Ach ja, auch Sonnenbrillen! Vor allem hochwertige Markenware in sehr gutem Zustand. Ab 20 Euro kann man hier einiges finden. Ein paar hundert Euro allerdings kann das Escadakleid kosten, das ursprünglich Mal 800 Euro Wert war. Claudia Kamphausen teilt sich den Erlös des jeweiligen Kleidungsstückes mit der Person, die es abgegeben hat. Männer finden hier nix. Außer für ihre Frau oder Freundin. Was kein Problem ist – bei der Beratung!