Das Grundstück in der Mittleren Karlstraße gehört dem Verein – ein großer Vorteil angesichts der enormen Kosten für Baugrund. Es liegt in einem Wohngebiet, „somit hat schon allein der Standort einen inklusiven Charakter“, sagt Sozialpädagoge Wolfgang Baumung vom Haus Linde. Bislang stand dort das Aufnahmehaus. „Kontakte zur Nachbarschaft führten zu Toleranz und dem Abbau von Vorurteilen gegenüber unserem Klientel.“ Das Projekt soll den Bewohnerinnen und Bewohnern helfen, ihren Alltag wieder selbstständig zu meistern und auf dem freien Wohnungsmarkt eine Bleibe zu finden.
In Wendlingen ziehen Kirchengemeinde und Bruderhaus Diakonie an einem Strang. Sie errichten einen Neubau, unter dessen Dach ein Unterstützungszentrum für Menschen mit Behinderung und ein neues Gemeindezentrum Platz finden. Der geplante Gebäudeteil der Bruderhaus Diakonie umfasst Wohnungen für 23 Menschen mit Behinderung und einen Bereich für Angebote, die den Tag strukturieren. Sonja Weiblen leitet die Behindertenhilfe der Bruderhaus Diakonie und sagt: „Dort entsteht ein offenes Haus“ – Begegnung, Arbeiten, Wohnen, „ein Haus für die ganze Stadt“.
Vorurteile werden abgebaut
Der Grundstein ist gelegt, der Bau wächst. Sobald es an die Gestaltung der Räume geht, werden die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner mitbestimmen. Ute Schwarzkopf-Binder, Leiterin Region Stuttgart der Bruderhaus Diakonie, verweist auf den diakonischen Auftrag, „im Sozialraum aktiv zu werden, Teilhabe in der Stadt zu ermöglichen und Gemeinschaft zu leben“.
In Reutlingen kooperieren Kirchengemeinde und Bruderhaus Diakonie ebenfalls. Die 1936 geöffnete Christuskirche ist in die Jahre gekommen und wird kaum noch genutzt. So suchte die Gesamtkirchengemeinde nach einer anderen Nutzung. Jetzt soll die Christuskirche zum diakonischen Zentrum umgebaut werden. Die Kirchengemeinde ist Eigentümerin und Bauherrin. Sie wird vom Kirchenbezirk Reutlingen und der württembergischen Landeskirche unterstützt. Bei der Planung und im späteren Betrieb sind die künftigen diakonischen Nutzer dabei. In zwei neuen Gebäuden will die Bruderhaus Diakonie Wohngruppen unterbringen, die Kirchengemeinde möchte zudem rund 20 Sozialwohnungen bauen.
„Es gibt bereits erste Gespräche vor allem mit Angehörigen, die für ihre mit einer Beeinträchtigung lebenden Kinder eine attraktive Wohnmöglichkeit suchen“, sagt Pfarrer Joachim Rückle, Geschäftsführer des Diakonieverbands Reutlingen. „Die allermeisten, die dort einmal wohnen werden, haben keinen Planungshorizont von drei bis vier Jahren, sondern suchen jetzt eine Wohnung.“ Das ist das Dilemma: Der Bedarf ist groß, doch vom Wunsch über die Planung bis zum Bezug vergehen Jahre. „Interessant ist für uns aber, zu einem frühen Zeitpunkt Menschen anzusprechen, die dort gerne wohnen und sich ehrenamtlich einbringen möchten“, sagt Rückle.
So soll das Gebäude im Heilbronner Quartier Neckarbogen aussehen. Foto: Pressebild
Ein neuer Stadtteil mit innovativen Bauten entsteht auf dem Gelände der ehemaligen Bundesgartenschau in Heilbronn. Auf Baufeld M5 des Neckarbogens wird der Kreisdiakonieverband Heilbronn bauen. „Wir können dort einen kirchlich-diakonischen Akzent setzen“, sagt Geschäftsführer Karl Friedrich Bretz. Im Erdgeschoss sollen Gemeinschaftsräume und ein Bereich der evangelischen Stiftung Lichtenstern entstehen. Die Obergeschosse bieten Platz für zehn Einheiten, dort können ältere Menschen einziehen. Hierfür werden Mittel der Stiftung Seniorenstift Fuchs verwendet. Die Wohnungen werden so gestaltet werden, dass sie bei Pflegebedarf nachgerüstet werden können.
Die fünf Beispiele zeigen: Diakonische Einrichtungen und Kirchengemeinden finden viele Wege, um Orte der Begegnung und Lebensräume zu gestalten. Sie setzen Akzente in den städtischen Quartieren – und schaffen leistbaren Wohnraum für diejenigen, die sonst auf dem heißgelaufenen Immobilienmarkt untergehen würden.