Seit fünf Jahren ist der Verein auf dem Gelände zugange, das einer Gärtnerei gehörte, die in die Insolvenz ging. Das Gewächshaus glich einer Müllhalde, die Werkstätten und das Bürogebäude standen leer. Ein öder, vernachlässigter Ort, ein Sorgenkind der Stadtverwaltung. „Ich habe gleich gesehen, dass dieses Gelände ein großes Potenzial hat“, erinnert sich Zeger an seinen ersten Besuch. Der ehemalige Leiter einer Jugendkunstschule hat schon öfter eine Spürnase bewiesen: Er hat in Tübingen ein Kulturzentrum in einer ehemaligen Brauerei mitentwickelt und im Verbund mit anderen Künstlern die Stuttgarter Wagenhallen als Atelierräume neu erdacht. Chloroplast in Weilimdorf ist mehr als ein Refugium für gestresste Großstadtmenschen. Hier geht es auch um Kultur und um das soziale Miteinander im Stadtteil: Im ehemaligen Bürogebäude der Gärtnerei, die 2006 ausgezogen ist, hängt eine Zeichnung mit einem Porträt von Angela Merkel neben großformatigen Fotos. Eins zeigt einen Berg von orangefarbenen Rettungswesten, dahinter planschen Badende. Die Werke sind bei Kunstwork-shops mit Jugendlichen und Erwachsenen aus dem Flüchtlingsheim in der Nachbarschaft entstanden.
Urbanes Gärtnern - Mit wenig viel machen
Auch mit der Uni Stuttgart und der Uni Hohenheim hat Chloroplast schon Projekte gestemmt. Entstanden ist dabei unter anderem eine mobile Küche für draußen, die Architekturstudenten entwickelt haben. Im Sommer wird auf der Wiese gezeltet – jedes Jahr kommen auf Einladung der Arbeiterwohlfahrt Jugendliche aus der ganzen Welt auf das Gelände. Gemeinsinn und Offenheit, das ist der Dünger, mit dem die Chloroplasten arbeiten.
In den Werkstätten der Gärtnerei wird heute wieder gewerkelt, vor allem mit Holz. In Reih und Glied hängen die Werkzeuge an der Wand, die meisten sind gespendet. Kürzlich hat sich einer ein Bett gebaut aus alten Eichenbohlen. Am Rand des Geländes steht ein ausgebauter Bauwagen, der eine Zeit lang von einer Bühnenbildnerin bewohnt wurde. Auch das hat die Holzwerkstatt möglich gemacht. „Wir wollen hier ein Zeichen setzen gegen die Wegwerf-Gesellschaft“, sagt Zeger.
„Wir holen Sachen, die andere wegschmeißen, und zeigen: Man kann mit wenig viel machen.“ Übrig gebliebene Brocken aus Carrara-Marmor verleihen einer Kräuterspirale auf der Wiese Stabilität, recycelte Bodenplatten laden auf Lehmbänken zum Sitzen ein. Oberbürgermeister Fritz Kuhn hat dem Verein bei einem Besuch bescheinigt, gute Arbeit zu machen.
Zu Jahresanfang hat die Stadt das Gelände gekauft. Ob die urbanen Gärtnerinnen und Gärtner, die Künstler und Weltveränderer weiter erwünscht sind, steht noch nicht fest. Andreas Zeger hofft, dass der Verein wenigstens weitere fünf Jahre bleiben kann. „Hier kann so viel gedeihen, das Effekte für die ganze Stadt hat“, ist er überzeugt.