Eutrax ist ganz schön frech. Er beschwert sich in einem Ihrer Programme darüber, dass Gott Mensch geworden ist, nicht Vogel.
Patrick Martin: In dem Moment, in dem ich mich in einen Vogel hineinversetze, merke ich auch, was das Schöne am Menschsein ist. Klar würde ich gern fliegen können und so frei sein. Aber Gott ist nicht Vogel geworden, sondern Mensch. Er ist uns so nahe gekommen, dass er mit uns mitfühlen kann. Darüber muss ich immer wieder staunen.
Welches ist Ihre Lieblingspuppe?
Patrick Martin: Eutrax der Grünschnabel. Der war früher eine Figur von der Stange. Ich habe ihm einen grünen Schnabel verpasst. Inzwischen hat er auch bewegliche Augen, die Mechanik stammt von meiner Frau Margit Martin.
Ihre Frau ist Puppenmacherin?
Patrick Martin: Auch. Sie ist gelernte Gärtnerin, war auf einer Schauspielschule, ist Kabarettistin und tritt als Klara Scheibele auf, die schwäbische Sakralraumpflegerin. Und sie baut Puppen.
Woher nehmen Sie denn die Ideen zu Ihren Puppen?
Patrick Martin: Viele Figuren entstehen spontan aus Gegenständen (er schaut in seinen roten Requisitenkoffer, holt eine Papierfigur heraus und spricht mit dem Bauch): „Hallo, ich bin ein Fisch.“ Eutrax der Grünschnabel kann das Publikum in seinen Bann ziehen, aber darüber hinaus fasziniert auch das Einfache, wie eine sprechende Bibel.
Sind Sie denn noch Weltrekordhalter der Bauchredner?
Patrick Martin: Ich habe 1998 einen Rekord mit 16 Stimmen aufgestellt. Inzwischen gibt es andere, die mehr Stimmen haben, ich selbst auch. Wer den Rekord hält, weiß ich nicht.
Ist es schwierig, zwischen mehreren Bauchstimmen zu wechseln?
Patrick Martin: Ja, der schnelle Wechsel schon. Bauchreden hat verschiedene Schwierigkeiten. Zum einen, die Stimmen genau zu treffen. Und Sie müssen den Text auswendig lernen, wenn Sie schnell die Rollen wechseln.
Sie geben ja auch Kurse im Bauchreden. Was muss ich denn mitbringen, wenn ich mitmachen möchte?
Patrick Martin: Nur den Willen. Jeder, der ein bisschen dranbleibt und übt, dem kann ich garantieren, dass er Bauchreden lernen kann.
Und wer kommt zu Ihnen?
Patrick Martin: Die Hälfte sind Künstler, die das für die Bühne brauchen. Dann gibt es auch viele Pädagogen und Therapeuten. Einige von ihnen haben die Erfahrung gemacht, dass manche Menschen einer Puppe leichter etwas anvertrauen als einem anderen Menschen. Wenn eine kleine Maus sagt: Ich habe Angst vor Katzen, wovor hast Du denn Angst? Dann kommt ein Kind vielleicht leichter drauf zu sprechen, als wenn ein Erwachsener fragt. Das funktioniert sogar bei Management-Seminaren.
Bei Managern?
Patrick Martin: Ja, die muss man aus der Reserve locken. Viele sehnen sich ja danach, lockerer sein zu dürfen, Kind sein zu dürfen. Wenn in der Firma etwas schief läuft, sagt das besser eine Puppe als der Seminarleiter.
Wie läuft es bei Ihnen derzeit?
Patrick Martin: Seit Beginn der Pandemie habe ich keinen einzigen Auftritt mehr gehabt. Im letzten Sommer konnten wir immerhin einige Kurse anbieten, jetzt auch. Ich freue mich darauf, dass unterschiedliche Menschen zusammenkommen mit verschiedenen Motivationen, um so etwas Verrücktes zu machen.
Was ist denn die größte Hürde beim Bauchreden?
Patrick Martin: Ich habe eine Sprechtechnik entwickelt, mit der man sich nicht groß vorbereiten muss, sondern alle Laute ganz klar und deutlich aussprechen kann. Anfangs muss man sich aber sehr konzentrieren und regelmäßig üben. Nach ein paar Wochen oder Monaten ist es dann in Fleisch und Blut und geht wie von selbst.
Und für Sie?
Patrick Martin: Ich muss zwei Rollen gleichzeitig spielen. Während ich rede, muss die Puppe darauf reagieren, nicken oder den Kopf schütteln. Und wenn die Puppe redet, muss ich auf sie reagieren. Lacht sie mich aus, dann muss ich mich darüber ärgern – im selben Moment.
Haben Sie eigentlich eine therapeutische Ausbildung?
Patrick Martin: Nein, aber ich habe Diplom-Theologie studiert. Neben Psychologie war mein Schwerpunkt Spiritualität, da habe ich auch mit der Seele zu tun, mit der gesunden Seele. Wenn man die Beziehung zu Jesus Christus fördert, ist das auch eine Vorbeugung von vielen Ängsten oder psychischen Krankheiten. □