Das Gemeinsame in Quarantäne-Zeiten ist notwendig, sagt Gruhler und rief das „7 – 7 – 7 Abendgebet“ ins Leben. Beim „Atemholen für die Seele“ soll in diesen sieben Minuten in Zeiten des Vermeidens physischer sozialer Kontakte die Verbundenheit zwischen allen christlichen Kirchen und Gemeinden der Stadt und mit Gott besonders spürbar werden.
Mit Beginn des Glockenläutens wenden sich viele Menschen in Laichingen dem Gebet zu, darunter auch Oliver Schneider, Leiter des Posaunenchores, mit seiner Familie. Das geöffnete Fenster lässt das Ende des Glockenläutens vernehmen, dann folgt der Griff zu den Instrumenten. Hinaus in die Nacht erklingt das Taizé-Lied: „Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht: Christus meine Zuversicht, auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht.“
Impressionen um 19 Uhr: Andrea Remmele auf der Posaune und ihr Bruder Markus Schneider.
(Foto: Brigitte Scheiffele)
Sichtlich bewegt läuft ein arabisches Ehepaar mit kleinem Kind durch die Straße. Verwundert, mit fragendem Blick. Kein Auto ist zu hören, nur die Bläserklänge der anbrechenden Nacht. Nicht weit entfernt spielen auch Markus Schneider und seine Schwester Andrea Remmele auf der Posaune. Marianne und Peter Mangold von der örtlichen Bäckerei singen am Fenster, das Ehepaar Manfred und Ute Schmoll singt auf der Terrasse: „Es ist eine Überwindung, einfach so in die Nachbarschaft hinein zu singen. Aber die Situation ist so außergewöhnlich, dass man auch außergewöhnliche Dinge tun kann“, sagt Manfred Schmoll. „Hauptsache, der Chef da oben hört uns.“
Marianne Mangold verbindet dieser Moment mit allen, die sie im Gottesdienst nicht mehr sehen kann. Nicht weit entfernt lauscht Tochter Franziska Mangold in die Nacht: „Für mich ist es schön, einen festen Zeitpunkt am Abend zu haben. Zu wissen, dass andere grade auch dabei sind. Von meinem obersten Fenster ist es besonders herrlich anzusehen, wenn hinter der Kirche die Sonne untergeht“, sagt sie. Sie spüre noch mehr die Verbundenheit im Gebet als beim Musizieren.
Ehepaar Schmoll, 19 Uhr in Laichingen. Foto: Brigitte Scheiffele
Markus Schneider empfindet es tröstlich, den Zusammenhalt zu spüren, während Wolfgang Mutschler etwas traurig ist, dass er in seiner Straße nichts von den anderen hört. Seit 50 Jahren spielt er im Laichinger Teilort Feldstetten die Orgel, lebt aber in der Kernstadt. „Ich finde es gut, dass man in diesen Zeiten ein Glaubenslied laut hinausbläst“, sagt er.
Zwischenzeitlich haben Württembergische und Badische Landeskirche sowie die Diözese Rottenburg-Stuttgart die Gemeinden gebeten, landesweit um 19.30 Uhr die Glocken zum Gebet zu läuten. Laichingen reiht sich ein: Das Abendgebet beginnt auch auf der Alb um halb acht.
Laichingen, Elmar Bräuning, Posaunenchor. (Foto: Brigitte Scheiffele)