Außerdem gibt es regelmäßige Stimmbildung. Musikalisch hat die Jugendkantorei eine große stilistische Bandbreite. Sie reicht von geistlicher Chormusik aller Epochen und Stile über neuere Kirchenmusik bis hin zu Pop, Jazz und Folk. Auch an Musicals und Opern wagt sich der Chor zuweilen. „Ich versuche das Programm möglichst abwechslungsreich zu gestalten“, erklärt Schüssler. Musikalisch anspruchsvollen Werken wie dem Requiem von Wolfgang Amadeus Mozart, das für ein Konzert im November einstudiert wird, setzt er leichtere Stücke entgegen. „Stilistisch sind wir sehr offen“, sagt der Kirchenmusiker.
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Die Jugendkantorei trifft sich freitags zur Probe. Auch über die Musik hinaus ist der Zusammenhalt groß. Das war schon früher so, weiß Schüssler. Gemeinsam geht es zu Ausflügen, Radtouren, zum Fußballspielen oder Schwimmen. „Die Gruppendynamik bei diesen Aktivitäten ist sehr lebendig.“ Und hin und wieder mündet die Verbundenheit unter den Chormitgliedern auch in eine Ehe.
„Viele der Sänger bleiben nach dem Schulabschluss in der Region und dann meist auch der Jugendkantorei treu“, sagt Schüssler. Der Chor versteht sich als integrativer Ort: „Hier finden auch junge Leute eine Heimat, die es im Leben schwer haben.“
Auch Ehemalige, die längst nicht mehr in der Jugendkantorei singen und teilweise in der ganzen Welt verstreut sind, fühlen sich dem Chor verbunden und kommen immer wieder zu gemeinsamen Treffen oder Auftritten. Ein solcher Fixpunkt, an dem stets auch Ehemalige teilnehmen, ist die Aufführung des „Quempas“, eines mittelalterlichen Weihnachtslieds, das in der Esslinger Stadtkirche seit 1946 an Heiligabend von Kinderchor, Kurrende und Jugendkantorei gesungen wird. Eigentlich wolle die Jugendkantorei in diesem Jahr Geburtstag feiern, doch wegen der Pandemie verschiebt sie das um ein Jahr.
Zum Jubiläumsfest 2022 erwartet Schüssler zahlreiche Ehemalige. Manch einer, der einst in der Jugendkantorei sang, hat sich später musikalisch einen Namen gemacht, zum Beispiel der Opern- und Konzertsänger Cornelius Hauptmann. Auch begabte Instrumentalisten sind dabei. Viele der Sängerinnen und Sänger beginnen schon im Kinderchor der Stadtkirche, wechseln dann in die Kurrende, um schließlich in der Jugendkantorei zu singen. Wer dafür zu alt ist, findet in der Kantorei eine musikalische Heimat. Nicht selten treten Jugendkantorei und Kantorei auch gemeinsam auf. Etwa, wenn Oratorien aufgeführt werden. Regelmäßig tritt die Jugendkantorei in den Gottesdiensten in Esslingen und anderen Gemeinden des Kirchenbezirks auf. Auch in der Stunde der Kirchenmusik in der Stadtkirche ist der Chor zu hören.
Zu den Höhepunkten gehören Probewochenenden und Chorfahrten, unter anderem auf die Schwäbische Alb. „Viele Aktivitäten sind allerdings nur durch Spenden möglich“, sagt Chorleiter Uwe Schüssler. Alle zwei Jahre geht es nach Norditalien ins Piemont, wo die Sängerinnen und Sänger konzentriert proben. In kleinen Kirchen vor Ort gibt der Chor dann Konzerte. Die Jugendkantorei reiste aber auch schon hinaus in die Welt, nach Malaysia, China und Hongkong.