Strukturelle Benachteiligung ist das eine, physiche Gewalt das andere. 2011 hatte das Nationale Frauenzentrum von Vanuatu 2300 Frauen befragt zu ihren Gewalterfahrungen in der Partnerschaft. Das Ergebnis: 60 Prozent der Befragten hatten angegeben, dass ihr Partner schon mindestens einmal physisch und oder sexuell gewalttätig gewesen sei. 21 Prozent der Frauen hatten bleibende Schäden davongetragen. Weniger als die Hälfte hatte nach der Tat in der Gesundheitsstation den wahren Grund für die Blessuren nennen wollen.
Dass solche Themen nur in der Familie diskutiert werden sollen, fanden 82 Prozent der befragten Frauen richtig. Und die Hälfte stimmte der Aussage zu, dass eine Frau ihrem Mann gehorchen muss, auch wenn sie nicht mit ihm einer Meinung ist. 40 Prozent fanden es sogar wichtig, dass der Mann der Frau zeigen müsse, dass er der Chef sei und das Recht habe, sie zu dominieren.
Traditionelle Familie in Vanuatu. Foto: Katja Dorothea Buck
Ginette Bollen ist Schneiderin in Port Vila. Sie freut sich über die Frauenparteien. Auf die Umfrage des Frauenzentrums angesprochen, nickt sie nachdenklich. „Ja, das stimmt. Gewalt an Frauen ist bei uns ein großes Thema.“ Ob allein das traditionelle Rollenverständnis schuld an der hohen Gewaltrate sei, bezweifelt sie. Die Herausforderungen, die das moderne Leben an die Menschen stelle, würden viele überfordern. Die Landflucht reiße Familien auseinander. Hoffnungen, in Efaté, der Hauptinsel, eine Arbeit zu finden, würden enttäuscht. Und über die Medien würden die Menschen mit Themen konfrontiert, die bisher in Vanuatu keine Rolle gespielt hätten. „Das führt zu Spannungen und zu Streit“, sagt Bollen. Und sie stellt fest: „Es ist immer der Mann, der schlägt und die Frau ist diejenige, die geschlagen wird.“ □