Über verschiedene Stationen, wie beispielsweise den barmherzigen Samariter, der Wunden mit Wein und Öl behandelte oder auch die Beutelsbacher Stiftskirche, die ein eigenes Weintor hat, geht es nun zu einem Ort, der typisch ist für Beutelsbach. Ein Weingärtnerhäuschen mit blauen Fachwerkbalken. Hier ist das Atelier Kunst und Keramik. Das Häuschen aus dem Jahr 1689 mit dem verwunschenen Garten beherbergt einen großen Gewölbekeller, in dem es bei Gruppenführungen schon auch einmal eine Weinprobe gibt. Die Künstlerin Christiane Wegner-Klafszky ist hier zuhause. Sie hat die Schilder für den Weinwanderweg entworfen.
Mit ihrem Mann Christian Klafszky ist sie häufig Gastgeberin vom Weinproben, aber auch von Matineen der Musikschule, bei Kunstausstellungen und vielem mehr. Wer möchte, darf sich auch gern das liebevoll restaurierte Häuschen anschauen, das vermutlich nie von einem Weingärtner bewohnt wurde, wie Christian Klafszky sagt. Vielmehr deute die Größe des Gewölbekellers darauf hin, dass es sich um einen Gemeinschaftskeller handelte, in dem die Weinfässer aus dem Ort gelagert wurden. Unten im Tal wurden die Keller nämlich immer wieder überschwemmt. Hier am Berg nicht.
A propos Berg. Jetzt geht es kräftig hoch. Hinauf in die Weinberge. Vorbei an Noah, der den ersten Weinberg pflanzte, an einem Wengerterpaar, einem verkleinerten Nachbau einer antiken Weinpresse, hin zu Aussichtspunkten, die immer wieder Blicke freigeben auf den Ort und seine Umgebung. Hin zum Liederdichter Paul Gerhardt. Hat der denn den Wein besungen? Aber ja doch. Selber singen ist hier angesagt. „Geh aus mein Herz und suche Freud“ nämlich, und vor allem natürlich die sechste Strophe, in der vom süßen Weinstock die Rede ist.
Viele weitere Stationen erwarten uns noch. Und eine ganz besondere: Das Wengerterhäuschen der Familie Dippon. Bernhard und Inge Dippon haben vor fast 30 Jahren bereits einen Weinlehrpfad gestaltet. Sie laminierten beschriftete Blätter und brachten sie an verschiedenen Stationen an. „Alle zwei Jahre mussten die Schilder ausgetauscht werden“, sagt Bernhard Dippon und seine Frau winkt lachend ab. Das waren Zeiten. Als dann vor vier, fünf Jahren, „der Pfarrer“, wie Bernhard Dippon sagt, mit der Idee zum Biblischen Weinwanderweg ankam, stieß er auf offene Türen.
Im Uhrzeigersinn: Rainer Köpf mit Paul Gerhardt, Mirjam Weber-Hagenmaier beim Kreuz, Bernhard Dippon mit den Früchten Kanaans und St. Urban, der von den Katholiken gestiftet wurde. Fotos: Werner Kuhnle
Entlang dem Biblischen Weinwanderweg dürfen Skulpturen rosten
Den Weinpfad zu kombinieren mit der Bibel lag für Pfarrer Rainer Köpf einfach nahe. „Mehr als 1000 Jahre lang wurde das Alltagsleben in Beutelsbach vom Weinbau geprägt.“ Noch immer spielt der Wein hier eine wichtige Rolle. Und die Bibel erzählt viele Geschichten über den Wein. So suchten sich Köpf und die Dippons Mitstreiter, wie zum Beispiel die Klafszkys oder die Vereine, Chöre und Musikensembles. Die Akzeptanz war von Anfang an hoch, das zeigt eine besondere Spendenaktion: Für jedes Kunstwerk wurde ein Pate gesucht, der es bezahlt. Die Preise? Zwischen 900 und 4000 Euro. Innerhalb von zehn, elf Tagen waren alle Paten gefunden. Um Geschichten aus dem Ort zu erzählen, trat Martin Goll in Aktion. Er interessiert sich seit jeher für die lokalen Familiengeschichten, hat sich auch in die von Beutelsbach eingefuchst und viele aufgeschrieben. Für den biblischen Weinwanderweg hat er „massenhaft“ Literatur gelesen, wie er sagt, über die Weinsorten von einst und natürlich auch darüber, wie die Beutelsbacher zu ihrem Wohlstand kamen. Vor allem mit dem Weinhandel, sagt Goll, denn der Ertrag der Rebsorten sei früher sehr gering gewesen. Die Beutelsbacher hätten den Wein günstig gekauft, ausgebaut und weiterverkauft. Viele von Golls Erkenntnissen sind eingeflossen in die Tafeln, die bei den Kunstwerken angebracht sind.
Ein Großteil der Skulpturen sind nach Entwürfen von Mirjam Weber-Hagenmaier entstanden, ein paar von Bernhard Dippon. Die meisten Skulpturen sind aus Stahl. Aber der rostet doch? „Ja, und das darf auch so sein“, sagt Weber-Hagenmaier. Hätte man Edelstahl gewählt, würden „nur graue Kunstwerke“ in der Landschaft herumstehen. Mit Stahl hingegen verändern sich die Skulpturen – wie die Natur, die sie umgibt. Vielleicht hat das Material ja auch noch andere Vorteile. Jedenfalls hat Rainer Köpf festgestellt, dass „der Martin Luther“ kürzlich mit schwarzer Farbe beschmiert wurde. „Vielleicht rostet das ja einfach weg“, hofft Köpf.