Allerdings fallen immer wieder Menschen durch die Maschen des Netzes. In Rot hatte vor gut einem Jahr ein Obdachloser für Aufsehen gesorgt, der sich an der Bushaltestelle Schozacher Straße häuslich eingerichtet und dort auch seine Notdurft verrichtet hatte – nur wenige hundert Meter vom Männerwohnheim entfernt. Man habe dem Mann in mehreren Gesprächen Hilfe angeboten – vergeblich, sagt Bubser: „Es gibt ab und zu Menschen, bei denen nichts greift.“
Ein Obdachloser wohnte im Wartehäuschen. (Foto: Susanne Müller-Baji)
Das Recht auf angemessene Unterbringung
Schließlich montierten Mitarbeiter der SSB, der Stuttgarter Straßenbahnen AG, die Bank ab. Für sie war das Problem damit gelöst, die Fahrgäste müssen seither stehen, der Mann wurde nicht mehr gesehen. Unklar bleibt, ob er abgewandert, in einer anderen Einrichtung untergekommen ist oder ob ihm etwas zugestoßen ist.
Die Gründe, warum jemand die angebotene Hilfe ablehne, seien vielschichtig, sagt Markus Vordermeier: Verbitterung gegenüber der Gesellschaft. Schlechte Erfahrungen in den Notunterkünften. Oder das Unvermögen, sich grundlegenden Regeln unterzuordnen. „Manchmal liegt eine psychische Erkrankung vor“, erklärt der Arbeitsanweiser. In seltenen Fällen könne der Betroffene eingewiesen werden. Hier kollidiere die staatliche Fürsorgepflicht aber mit der persönlichen Entscheidungsfreiheit, „das muss man sorgfältig abwägen“. Grundsätzlich seien alle Bewohner freiwillig im Immanuel-Grözinger-Haus. Das Miteinander funktioniere in den allermeisten Fällen sehr gut, berichten Bubser und Vordermeier. Gerade die Arbeit im eva-Garten des Wohnheims oder die nachbarschaftlichen Kontakte im zugehörigen Café TaS vermittelten den Bewohnern manchmal nach Jahren der Trostlosigkeit wieder Struktur und Sinn. Längst sind die gemütlichen Café-Räumlichkeiten zum Treffpunkt geworden, der Umgang von Bewohnern und Nachbarn ist freundschaftlich.
Das wird in den nächsten Jahren umso wichtiger werden, da ein großer Teil des Gartens zirka 300 Wohneinheiten weichen soll. Vordermeier sieht darin Vor- und Nachteile: „Einerseits bleibt uns nur ein Viertel unserer Gartenfläche. Andererseits können wir als Projekt der Wohnungslosenhilfe ja kaum etwas dagegen sagen, wenn neue Wohnungen entstehen.“
Damit Bewohner, Nachbarn und Neuzugezogene schneller in Kontakt kommen, haben Studierende der Technischen Hochschule Stuttgart im vergangenen Jahr so genannte Kioske oder Stadtmöbel entwickelt. Sie laden ein zu Plausch, Informationsaustausch und gemeinsamem Spiel.
Und wo wird Wohnsitzlosen noch geholfen? Der vom Sozialamt herausgegebene Stadtplan „Wohnungslos in Stuttgart“ liegt auch im Immanuel-Grözinger-Haus aus. Er listet fast alle Hilfsangebote auf. Einige davon richten sich speziell an Frauen und Familien oder sind auf Jugendliche und junge Erwachsene zugeschnitten. Für wohnungslose junge Menschen etwa hat die eva ein Aufnahmehaus eingerichtet, Notübernachtungsplätze und vollstationäre Hilfen.