Auf was kann man in unruhigen Zeiten wie diesen Ihrer Meinung nach vertrauen?
Barbara Pachl-Eberhart: Zum Beispiel darauf, dass der Mensch an Problemen wachsen kann. Darauf vertraue ich aus Erfahrung. Und dass Gott sei Dank nicht alles in unserer Hand liegt. Auf all das will ich vertrauen.
Benötigt man, um hoffen zu können, eine gewisse Naivität?
Barbara Pachl-Eberhart: Wenn Naivität die Fähigkeit bezeichnet, dem Leben und den Menschen und auch sich selbst jeden Tag eine wirklich neue Chance zu geben, wenn sie bedeutet, dass man das Ergebnis der inneren Hochrechnungen nicht für die einzig mögliche Wahrheit hält, dann ja.
Sie erleben, wie viele andere Menschen auch, Corona als „Wendezeit“ und hatten sich, bei aller Unsicherheit, auch eine „Welle des Erwachens“ erhofft, in der sich neue Utopien entwickeln werden. Ist von dieser Hoffnung noch etwas geblieben?
Für Barbara Pachl-Eberhart spielt Dankbarkeit eine wichtige Rolle, um Altes hinter sich lassen zu können. Foto: Pressebild/ Nina Goldnagl
Barbara Pachl-Eberhart: Derzeit dominiert eher die Verunsicherung. Da ist viel Misstrauen, viel Angst. In diesem Zustand lässt es sich noch nicht gut visionieren. Aber ich glaube, es ist nicht schlecht, dass wir das blinde Vertrauen in Vieles, was wir für selbstverständlich und unersetzbar gehalten haben, verloren geht. Wandel gedeiht besser auf dem Boden der Verunsicherung als auf dem Boden des allzu Gewissen.
Sie beschreiben in Ihrem Essay, dass Wut oft eine Art Vorstufe zur Hoffnung sein kann. Kann im Gegenzug Dankbarkeit helfen, nach einer Enttäuschung neue Hoffnung zu fassen?
Barbara Pachl-Eberhart: Ich habe einmal in einem Buch über das Gedächtnis gelesen, dass das Hirnareal, das sich beim Erinnern aktiviert, quasi dasselbe ist wie das, das sich bei Zukunftsgedanken aktiviert. Insofern hilft uns das dankbare Erinnern ganz sicher dabei, positiv in die Zukunft zu schauen.
Ein persönliches Ende der Welt haben Sie nach dem Tod Ihres Mannes und Ihrer beiden Kinder erlebt. Und die Erfahrung gemacht, dass es auch nach dem Ende weitergehen kann. Was haben Sie für sich aus dieser Zeit mitgenommen – und was hat Ihnen damals Hoffnung gemacht?
Barbara Pachl-Eberhart: Das Wichtigste, was mich damals getragen hat und bis heute trägt, ist dieses: Das, was wir „Ende“ nennen, ist kein absolutes Ende. Meine Familie ist tot, aber nicht weg. Es gibt sie noch, für mich. Unsere Beziehung hat sich verändert, aber sie ist stark und voll Liebe. Was zu Ende geht, macht Platz für Neues. Das, worum es wirklich geht, im tiefsten Sinn, geht nie vorbei.
Zur Person
Barbara Pachl-Eberhart war Musikerin und Krankenhausclown. Im Jahr 2008 kamen ihr Mann und ihre Kinder bei einem Unfall ums Leben. 2010 veröffentlichte sie ihr Buch „Vier minus drei: Wie ich nach dem Verlust meiner Familie zu einem neuen Leben fand“. Heute schreibt sie als Kolumnistin über kleine Wunder und ih-
ren „Alltag mit Sommersprossen“ und hat ihr fünftes Buch herausgebracht: „Chopin besucht Vivaldi und in der Bucht von Venedig schwimmen Delfine“. Gleichzeitig ist sie Schreibpädagogin sowie „Mutter zweier Engel und einer quietschlebendigen dreijährigen Tochter“. Internet: www.meinlieblingsleben.at