Neue Gedanken, neue Taten - Befreiung aus Bevormundung
1964 kommt Martin Luther King nach Berlin und hält gleich dreimal seine Rede vom amerikanischen Aufbruch als ermunterndes Beispiel: im Westen der Stadt vor 20 000 Menschen in der Waldbühne und am selben Tag auch im Osten der Stadt – erst in der Marienkirche und dann, wegen des großen Andrangs, ein zweites Mal zu nächtlicher Stunde in der Sophienkirche.
Er spricht über die Veränderungen, die er mit seinen amerikanischen Brüdern und Schwestern auf der Grundlage von Gewaltfreiheit und Liebe bewirkt hat. Er spricht vom Glauben, der es ermöglicht hat, dass sich ein einzelnes Ereignis zur lokalen Bewegung ausweitete, die auf andere Städte übergriff, von dort aus zu einer Protestbewegung im Süden wurde, die schließlich die schwarze Bevölkerung in den Vereinigten Staaten wachrüttelte und zur Befreiung aus über 400-jähriger Unterdrückung führte. Und er ermutigt auch die Deutschen auf beiden Seiten der Mauer: „Mit diesem Glauben werden wir in der Lage sein, aus dem Berg der Verzweiflung einen Stein der Hoffnung zu hauen. Mit diesem Glauben werden wir in der Lage sein (…), zusammenzuarbeiten, zusammen zu beten, zusammen zu kämpfen, zusammen zu leiden, zusammen für die Freiheit einzustehen, in dem Wissen, dass wir eines Tages frei sein werden.“ Besonders im Osten der Stadt fanden Kings Worte großen Widerhall. Und einiges spricht dafür, dass Kings Berliner Reden im September 1964 ihn zu einem der Vordenker der friedlichen Revolution gemacht haben, die 25 Jahre später die deutsche Wiedervereinigung bewirkte. Das Wirken des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King und des weißen Reformators Martin Luther: Es ist bis heute aktuell.