Eine zweite Wurzel des Festes ist römischen Ursprungs. Am 13. Mai 609/610 weihte Papst Bonifatius IV. in der Westkirche das den antiken Göttern geweihte Pantheon in Rom als christliche Kirche für die Jungfrau Maria und alle Märtyrer. Das jährliche Fest wurde am Freitag nach Ostern begangen, da der theologische Zusammenhang mit Ostern immer noch präsent war. Ein Jahrhundert später erweiterte Papst Gregor III. das Fest auf alle Heilige und legte für Rom den Feiertag auf den 1. November fest. Da der Feiertag mit seinem neuen Datum in der Westkirche beliebt war, erfolgte 835 durch Papst Gregor IV. die endgültige Festlegung für die gesamte römischkatholische Kirche auf den 1. November.
Parallel dazu beeinflussten keltische Traditionen, die von irischen Mönchen auf den Kontinent gebracht wurden, die zeitliche Verschiebung: Der 1. November war ein zentraler Termin des keltischen Jahres, weil er als Jahresbeginn zugleich mit dem Winteranfang zusammenfiel. Die in vielen Ländern von Kindern praktizierten Halloweenbräuche am Abend des 31. Oktober („All Hallows Eve“, der Abend vor Allerheiligen) gehen auf diese Tradition zurück. Insgesamt macht die religionsgeschichtliche Entwicklung deutlich, dass der direkte Zusammenhang mit Ostern im Laufe der Zeit schwächer wurde. Stattdessen setzte sich die Vorstellung eines bäuerlichen Jahres mit seinem Werden und Vergehen der Natur durch, über der die unvergängliche Welt der Heiligen sichtbar wird.
Und Allerseelen? Die Fürbitte um Heiligung aller Verstorbenen bei Gott steht bei diesem Fest im Vordergrund. Früher stand dahinter die Lehre vom Fegefeuer, die inzwischen als überholt gilt. Abt Odilo vom Kloster Cluny führte das Fest 998 für die Toten der Abtei Cluny ein, von wo es sich rasch ausbreitete. Seit dem II. Vaticanum (1962 – 1965) wurde es für katholische Christen zu einem kleinen Osterfest in der dunklen Jahreszeit, an dem Verstorbene durch Gott geheiligt werden. Das ist ein schöner Gedanke, den auch Protestanten gut teilen können.