1946 gründete dann Paul Kälberer, ein Künstler aus Glatt, als Ersatz für die noch fehlenden staatlichen Kunstakademien eine private Kunstschule. Mit Glasfenstern und Gemälden hat Paul Kälberer viele Kirchen der Region ausgestattet. Einer seiner Nachfolger in Bernstein wurde einer der Schullehrer – HAP Grieshaber. Er baute die Schule zu einer Künstler-Gemeinschaft um, ganz der modernen Kunst verpflichtet. Der jüdische Schriftsteller Max Fürst, während der Nazi-Zeit im Exil, war damals dabei und hat sich an diese Aufbruchszeit nach der Diktatur erinnert: „Moderne Kunst in Bernstein war für diese Gegend wie der Teufel in der Kirche. Polizei und Landrat überboten sich an Schikanen.“ Aber im Haus herrschte Freiheit: „Dazu trugen auch die großformatigen farbigen Holzschnitte Grieshabers bei, mit Zimmermannsnägeln an die Wand genagelt, für mich unvergessbare Eindrücke. Die erste Neue Kunst, die ich nach meiner Rückkehr nach Deutschland sah. Ich konnte mich nicht satt daran sehen.“
Ein Paradies der Freiheit, letztlich eines auf Zeit. 1955 löste sich die Schule auf, wie es heißt auch auf Grund von Ignoranz und Antisemitismus der Behörden. HAP Grieshaber war da schon weg, in der Gruft der Kirche hat er einen Ascheengel hinterlassen.
Das ehemalige Kloster ist heute im Privatbesitz mit Landwirtschaft. An seinen Grenzen vorbei zieht sich der Weg den Hang hoch bis zu einem Aussichtspunkt mit weiter Sicht hinüber zum Hohenzollern und auf die Mauer der Westalb. Kurz danach schiebt sich die gesamte Front von Kloster Kirchberg in den Blick. Der Wanderweg aber schlägt noch mal einen Bogen, denn nach einer kleinen Waldpassage öffnet sich die Kuppe des Wandbühl. Ein hohes Kreuz mit zwei Querbalken beherrscht die Anhöhe, ein Caravaca-Kreuz. Aus Spanien verbreitete sich dieser Typ, vor allem als Schutz gegen Cholera und andere Krankheiten.
Drei Bänke laden zu einer letzten Pause. Die Blicke schweifen über das Panorama: Felder, Wälder, Dörfer – gemächlich wellt sich das Vorland dem Kegel des Hohenzollern und dem Steilabfall der Alb entgegen. Und zwischen den Bäumen spitzt auch schon der Dachreiter der Kirchberger Klosterkirche hervor.
Foto: analogicus / Pixaby
Ein Feldweg führt dorthin. Durch das Barocktor, auf dem zwei Engel hocken, betritt man einen weiten Innenhof, den der imposante Konventsbau abschließt. Die Hohenberger Grafen haben Kloster Kirchberg gestiftet, um ihr Seelenheil zu sichern. In der Kirche, direkt bei den fürbittenden Gebeten, ließen sie sich bestatten. Noch heute ist die Grabplatte von Burkhard III. an der Südwand beim Hochaltar zu sehen.
Diese Investitionen ins ewige Heil überforderten die irdischen Finanzen, wie Christoph von Zimmern Mitte des 16. Jahrhunderts in seiner Chronik schrieb: „Wer vil hingibt, dem pleibt dester weniger. Das ist den fromen grafen auch begegnet, dann von diesem großen hingeben kammen sie nach und nach zue armuet.“
Wechselhaft war auch die Kloster-Konjunktur. Mal strömten die Novizinnen, mal litt das Kloster unter Nachwuchsmangel. Im 15. Jahrhundert waren die Kirchberger Nonnen ein heißer Dating-Tipp für die Junker der Umgebung („des Adels Hurenhaus“, ätzt Christoph von Zimmern), und gar von Parties in der Kirche wird berichtet.
Klosterleben - Ewiges Heil und irdische Finanzen
Aber es ist ja nicht so, dass die Damen alle freiwillig in Klausur waren. Oft wurden sie von ihren Familien der Versorgung halber ins Kloster abgeschoben, was manchmal sogar Kindesmisshandlung war wie bei der 12-jährigen Christina. Die Mutter schob sie nach Kirchberg ab und ließ sich drei Jahre nicht mehr blicken, so dass sich das Mädchen im Kirchenchor bei Jesus selbst beschwerte, und die Klosterchronik berichtet von einem „jamerig weinen, da es sein ellende also betrachtet“.
Möglicherweise war es auch so ein Aufbegehren, als sich im Jahr 1504 fünf Nonnen in Zivilkleider warfen, zum Schützenfest nach Zürich ausbüxten und auf diesem Mädelsausflug auch bei einer Lotterie mitzockten. Und sicher schürte die Kasernierung Aggressionen. Aktenkundig ist eine Messerstecherei, bei der Blut floss.
Die Säkularisation löste im Jahr 1806 auch dieses Kloster auf. Der Staat hatte nun eine teuer zu unterhaltende Immobilie – und dürfte froh gewesen sein, als 1958 die Berneuchener Gemeinschaften, die drei evangelische Gemeinschaften umfassen, einzogen. Sie haben seitdem hier ein Tagungshaus.
Eine Runde ums Kloster lohnt sich: auf den Friedhof mit seinen uralten Gräbern, zum barocken Klostergarten, an die stimmungsvollen Spitzbögen der Reste des Kreuzgangs, in die gotisch-barocke Kirche, in die Kunstsammlung Helmuth Uhrig. Auch dieser Künstler hat im 20. Jahrhundert für viele evangelische Kirchen Taufsteine, Altäre, Kanzeln, Figuren und Reliefs geschaffen. Danach lasst sich im Innenhof vorzüglich unter Kastanien rasten – die Hausküche versorgt auch Vorbeikommende mit Kuchen und Getränken.
Paradiestour im Internet www.tourismus-bw.de