Siegfried Hermle gehört zum Geschäftsführenden Ausschuss des Projekts. Der gebürtige Ludwigsburger ist Professor am Institut für Evangelische Theologie der Universität zu Köln. Er kümmert sich unter anderem um die regionalen Widerstands-Geschichten aus Württemberg. Politischen Widerstand im engeren Sinne habe es dort aus evangelischen Kreisen kaum gegeben, sagt er. Es seien oft eher „Resistenzen“ gewesen. Zum Beispiel hätten manche Pfarrer den vorgeschriebenen Eid verweigert, andere versteckten jüdische Menschen oder klagten Unrecht an.
So wie Julius von Jan, Pfarrer aus Oberlenningen, der in seiner Bußtagspredigt 1938 die Ausschreitungen der Pogromnacht verurteilte. Im Gedenken an Julius von Jan hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Es gab Ehrungen vor Ort und die Aufnahme als „Gerechter unter den Völkern“ der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel im Oktober 2020. Zudem ist kürzlich im Evangelischen Verlag Stuttgart erstmals eine Biografie über ihn erschienen. In der Internet-Ausstellung wurden die Inhalte über Jan nun erweitert und aktualisiert.
Neu aufgenommen in die Ausstellung wurde Alfred Leikam. 1915 in Korb geboren, war er schon früh in der christlichen Jugendarbeit aktiv, in der Hitler-Jugend verweigerte er als Einziger den Hitler-Gruß. In einem Streit 1937 offenbarte sich Leikam als Gegner des Nationalsozialismus. Von November 1938 bis November 1943 war er im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert. Dort rettete er dem jüdischen Mithäftling Max Nebig das Leben. Für diese Tat wurde Alfred Leikam posthum 2002 als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt.
„Solche Personen dürfen nicht vergessen werden“, sagt Siegfried Hermle. Dabei gehe es bei der Ausstellung keineswegs um „Heiligen-Geschichtsschreibung“. Auch die Brüche mancher späterer Widerständler kommen zur Sprache, einige hätten den Nationalsozialismus anfangs begrüßt – wie die Mehrheit der Protestanten. Wichtig bei der Auswahl der Personen sei etwas anderes gewesen: „Wo haben sich Menschen eine gewisse Zivilcourage bewahrt? Wo haben sie deutlich gemacht, von ihrem christlichen Glauben her, dass es Zumutungen gibt, denen sie nicht nachkommen können oder dürfen?“ Eine Haltung, die immer Mut erforderte – und heutige Menschen vor die Frage stellt, wie sie damals gehandelt hätten. □