Daher gehört zum traumapädagogischen Konzept auch ein Ruheraum, in dem sich die Geflüchteten in angespannten Situationen zurückziehen können. Für Yusuf ist der Raum auch aus einem anderen Grund noch wichtig: „Wir wohnen als Familie zu viert in einem Zimmer. Wie kann man da vernünftig lernen und zur Ruhe kommen?“ Efra schätzt an der Vollzeitschule auch den Austausch in der Pause: „Da haben wir viel Spaß und können uns erholen.“
Es gibt aber auch ganz andere Momente: „Ich spüre bei vielen Schülern Trauer und sie sind sprachlos über das, was sie erlebt haben. Eine Schülerin hat zum Beispiel oft mitten im Unterricht laut geschrien.
Traumapädagogik - Weinen ist auch erlaubt
In einer Schule würde man normalerweise sagen: Das geht gar nicht! Wir haben herausgefunden, dass diese Schreie ihre Verteidigung gegen Vergewaltigungsversuche auf der Flucht waren“, berichtet Ingrid Wartha-Vassiliadis über Situationen, in denen Traumapädagogik wichtiger ist als Lerninhalte.
Ingrid Wartha-Vassiliadis im Gespräch mit einem Schüler. Foto: Matthias Knödler
Grundlage für die Traumapädaogik ist ein von einem Sonderschullehrer entwickeltes und vom VABO der Paulinenpflege erweitertes „Fenster zum Fallverstehen“. Hier erfassen die Lehrkräfte objektive Informationen wie biografische Daten, die aktuelle Lebenssituation und beobachtetes Verhalten. Genauso geht es in diesem Erfassungsbogen auch um das subjektive Erleben, etwa „Wie geht es mir als Lehrkraft mit dieser Schülerin diesem Schüler?“
Für Gymnasiallehrerin Ingrid Wartha-Vassiliadis sind die Herausforderungen nicht neu, sie hat auch schon in einer Roma-Schule in Griechenland unterrichtet. Dass die Lehrtätigkeit im VABO der Paulinenpflege für sie mehr als ein Job ist, zeigt die Tatsache, dass sie eigentlich schon in Rente ist und trotzdem noch weiter unterrichtet. „Mir liegt dieses Projekt sehr am Herzen.“ □