Impuls

Gott bleibt nahe

Impuls für den Sonntag Misericordias Domini: 1. Mose 16,1-16

1. Mose 16,1-16 (in Auszügen)

Sarai, Abrams Frau, gebar ihm kein Kind. Sie hatte aber eine ägyptische Magd, die hieß Hagar. Da nahm Sarai ihre Magd Hagar und gab sie Abram, ihrem Mann, zur Frau. Und er ging zu Hagar, die ward schwanger. Als sie nun sah, dass sie schwanger war, achtete sie ihre Herrin gering. Da demütigte Sarai sie, sodass sie vor ihr floh. Aber der Engel des Herrn fand sie bei einer Wasserquelle in der Wüste. Und sprach zu ihr: Hagar, Sarais Magd, wo kommst du her und wo willst du hin? Sie sprach: Ich bin von Sarai, meiner Herrin, geflohen. Weiter sprach der Engel des Herrn zu ihr: Siehe, du bist schwanger geworden und wirst einen Sohn gebären, dessen Namen sollst du Ismael nennen; denn der Herr hat dein Elend erhört. Und sie nannte den Namen des Herrn, der mit ihr redete: Du bist ein Gott, der mich sieht.

Eine Frau sitzt an einem Tisch.
Foto: privat
Regina Korn ist Pfarrerin in Bad Mergentheim.

„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ – Da weiß ich Gott ganz nahe bei mir. Wenn alle anderen Sicherheiten des Lebens zerbrechen und die Menschen, die mir nahe sind, fehlen. Inmitten dunkler Momente des Lebens machen Menschen diese Erfahrung: Gott ist doch da. Er steht mir zur Seite. Manchmal muss man in der Wüste des eigenen Lebens ankommen, um dies zu erleben. Im vergangenen Jahr hat uns dieser Vers als Jahreslosung begleitet. Eine tröstliche Wiederentdeckung für viele, wenn etwa in der Sorge um einen geliebten Menschen nur diese Bitte bleibt: „Behüte ihn!“ – „Stehe ihr bei!“, weil alle menschenmögliche Hilfe an ihr Ende gekommen ist.

Es ist die Geschichte von Hagar und die von Sara, die hier erzählt wird. Von Hagar und ihrem Sohn Ismael hören wir danach nur noch einmal: Als Isaak, der Sohn Saras,  geboren wird, schickt Sara Hagar und ihren Sohn endgültig weg. Wieder weiß Hagar nicht weiter und verliert sich in der Wüste. Wieder ist es ein Engel Gottes, der sie ermutigt, ihren Weg weiterzugehen.

Es ist bemerkenswert, dass die Geschichte von Hagar erzählt, wo es doch im größeren Erzählzusammenhang um die Geburt Isaaks geht. Warum wurde auch diese Geschichte weitergetragen, die nicht nur Gutes von Sara berichtet, frage ich mich. Würde uns etwas fehlen, wenn sie nicht erzählt werden würde? Ich habe darauf nur eine Antwort: Es gibt immer auch eine andere Seite. Es gibt immer auch das Schicksal der anderen, ihre Lebensgeschichten, ihre Grenz- und Wüstenerfahrungen.

Am 1. März 2024 feierten wir den Weltgebetstag: Palästina – „durch das Band des Friedens“. Die Liturgie war vorbereitet, da hat der brutale Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 diese Region erneut erschüttert – mit leidvollen Folgen für alle Menschen dort. Wie soll man in einer solchen Situation den Weltgebetstag feiern? Wie die Komplexität der dortigen Situation in einem einzigen Gottesdienst erfassen? Die Liturgie wurde überarbeitet. Das Gemeindeblatt berichtete darüber. Der Weltgebetstag wurde gefeiert, die Schicksale der palästinensischen Christinnen wurden gehört und man betete gemeinsam um Frieden für alle Menschen. Am Ende des Weltgebets-tages sagte jemand zu mir: „Die Muslime beten auch.“ Und die Juden und Jüdinnen auch.

„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Das gilt für alle Menschen in den Wüstenerfahrungen ihres Lebens. Wie gut, dass die Geschichte von Hagar und Sara auch diese Seite des Lebens nicht ausklammert! Es gibt immer Verliererinnen des Lebens und Menschen, mit denen wir nicht zusammenfinden können. Aber auch sie sieht Gott und ist ihnen nahe in ihrem Glauben, in ihrer Verzweiflung und in ihren Gebeten. Daran erinnert uns diese Geschichte.

Gebet

Schau mich doch an, du, mein Gott! Sieh meine Not! All das, was mir schwer auf der Seele lastet, bringe ich vor dich und vertraue darauf, dass du es gut mit mir meinst. Amen.

Den geistlichen Impuls für jeden Tag finden Sie im AndachtsCast.

Weitere Impulse