Lucie Panzer meint

Hoffnung ist mehr als Optimismus

Kolumne
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Wenn es um die Frage geht, was die Kirche den Menschen heute bieten kann, fällt häufig das Stichwort: Hoffnung. Die Kirche verkündigt einen Gott der Hoffnung, heißt es. Ist das nicht bloß Schönfärberei? „Opium fürs Volk“ hat Karl Marx gesagt.  

Ich finde, da lehren uns die Geschichten der Karwoche etwas anderes. Gewiss, am Ende steht Ostern. Das Leben fängt neu an, hören wir in den Gottesdiensten und der Tod hat nicht das letzte Wort. Weder im Leben noch nach dem Leben. „Da habt ihr’s“, sagen viele: „Wer so denkt und glaubt, der muss doch vor der Realität der Welt die Augen verschließen.“  

Aber die Hoffnung der Christen ist kein irrationaler Optimismus für Verlierer. Vor dem Ostersonntag kommt der Karfreitag, dunkel und hoffnungslos. Sogar Jesus war verzweifelt, erzählt die Bibel. Dann Karsamstag: Der Tag der absoluten Sprachlosigkeit und Trauer. Die Erzählungen der biblischen Tradition tragen die Spuren des Scheiterns an sich.  

Christliche Hoffnung ist frusterfahren und enttäuschungserprobt. Im Unterschied zum optimistischen Positivdenken sehen die Hoffenden, wie es zugeht in der Welt. Denn wir Christen glauben: Gott ist nicht nur bei den Erfolgreichen, bei den Starken und den Mächtigen. Die Leidenden und Sterbenden sind nicht von Gott verlassen. Deshalb bleiben Christen solidarisch bei denen, die leiden.  Und weil der leidende Jesus auferstanden ist, können sie hoffen. Deshalb hat man in den Hospitälern und Hospizen des Mittelalters den Sterbenden Bilder des Gekreuzigten vor Augen gestellt. In Brügge in Flandern kann man solche Gemälde im Sint-Janshospitaal noch sehen. Mich hat das sehr beeindruckt. Nicht der Auferstandene – der Gekreuzigte kann trösten und Hoffnung machen! Die Hoffnung der Christen ist realistisch und geerdet. Sie ist in den Christusgeschichten verwurzelt ist und nicht darin, dass wir wünschen und träumen.  

Franziska Stocker-Schwarz, Pfarrerin, Direktorin des Bibelmuseums in Stuttgart und Mit-Kolumnistin hier im Gemeindeblatt, ist in der vorigen Woche nach langer Krankheit gestorben. Sie hat mit und aus diesen Hoffnungsgeschichten gelebt. Mit ihrer Fröhlichkeit hat sie Hoffnung weitergegeben.  

Das meint Lucie Panzer. Und was meinen Sie?

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