EKD-Schwerpunkt Migration

Präses der EKD-Synode: Asyl-Debatte birgt Gefahr neuer Enttäuschung

Die EKD-Präses Anna-Nicole Heinrich informiert sich zu den Themen „Migration, Flucht und Menschenrechte". Sie warnt vor Populismus und eskalierenden Debatten. Von Corinna Buschow (epd)

Porträt Bild von Anna-Nicole Heinrich
epd-bild/Kristina Schaefer
Anna-Nicole Heinrich ist Präses der Evangelischen Kirche Deutschland.

Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, sieht in der aktuellen Migrationsdebatte die Gefahr, neue Politikverdrossenheit zu produzieren. Die Debatte sei „hilflos eskalierend", sagte Heinrich am Rande eines Besuchs in einer Abschiebeeinrichtung dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es würden hektische Vorschläge gemacht, die rechtlich nicht haltbar und praktisch nicht umsetzbar seien. Das sei eine Gefahr für die Wahrnehmung der Demokratie.

Falsche politische Versprechungen führen zu Enttäuschungen

In der Bevölkerung gebe es den Wunsch nach Sicherheit und einem „handlungsfähigen, auch wehrhaften Rechtsstaat". Politische Versprechungen, die nicht umsetzbar seien, führten nur zu Enttäuschungen. Die Enttäuschungen wiederum produzierten das Gefühl von Steuerungsverlust und verstärkten den Eindruck, dass die Demokratie handlungsunfähig sei. „Das kann niemand wollen", sagte Heinrich.

Wer jetzt politische Versprechungen macht, die sich in naher Zukunft als nicht umsetzbar erweisen, weil die Wirklichkeit komplizierter ist, produziert wieder nur Enttäuschungen

sagt Anna-Nicole Heinrich


Es braucht ernsthafte und sachliche Debatten statt Populismus


Heinrich sagte, sie vermisse in der Diskussion um das Asylrecht „Rückgrat" für grundlegende Werte. „Besonders in den Wahlkämpfen haben sich viele von populistischen Positionen unter Druck setzen lassen und vergessen, dass wir gerade erst 75 Jahre Grundgesetz gefeiert haben", sagte sie mit Verweis auf das in der Verfassung garantierte Grundrecht auf Asyl. Benötigt werde eine sachliche und ernsthafte Debatte über Herausforderungen und Probleme mit Migration.

Wir dürfen uns nicht von Populisten treiben lassen.

Anna-Nicole Heinrich

Appell für die Menschenwürde

Kritik übte sie auch an der Forderung, Asylsuchende an den deutschen Grenzen zurückzuweisen. „Menschenwürde heißt für mich nicht, Leute einfach abblitzen zu lassen", sagte Heinrich. Man müsse alles daran setzen, „im Inneren Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit und Menschenwürde zu gewährleisten und zu verteidigen, ohne diese an den Außengrenzen abzuschaffen". 

Anna Nicole Heinrich vor dem Unterschlupf eines Flüchtlings am Strang von Kos
epd-bild/EDK/MCK
Anna-Nicole Heinrich betrachtet einen Unterschlupf eines Flüchtlings am Strand der griechischen Insel Kos.

Migration, Flucht und Menschenrechte im EKD-Fokus

Die EKD-Synode, die im November in Würzburg zusammenkommt, hat das Thema „Migration, Flucht und Menschenrechte" zum Schwerpunkt ihrer Jahrestagung gemacht. Heinrich hat in diesem Jahr mehrere Reisen zum Thema unternommen, unter anderem nach Griechenland. Aktuell informiert sie sich in Nordrhein-Westfalen über Ablauf und Schwierigkeiten bei Abschiebungen von Menschen, die kein Bleiberecht in Deutschland haben.