Der evangelische Kirchenkreis Stuttgart hat die Ritualagentur „Segensservice Stuttgart“ im Spätsommer 2024 ins Leben gerufen, um die Menschen an den Wegmarken ihres Lebens zu begleiten. Pfarrer Friedrich July war von Anfang an dabei. Er sagt selbstkritisch: „Viele Menschen im großstädtischen Umfeld durchschauen unsere kirchlichen Strukturen und Logiken nicht und nehmen kirchliche Angebote – wenn überhaupt – oft als wenig einladend wahr.“ Er verweist auf die Internetseiten der Kirchengemeinden. Wer diese „auf der Suche nach unterschiedlichen Möglichkeiten, Terminen und Locations für eine Taufe durchsucht, der fühlt sich oft nicht willkommen angesichts der bürokratischen und kirchenrechtlichen Verwaltungssprache, die einem entgegenschlägt. Die meisten Menschen suchen eine niedrigschwellige, unkomplizierte Kontaktaufnahme für ihr Anliegen und haben die Hoffnung, diese über den Segensservice zu bekommen.“
Der Segensservice ist das erste Angebot dieser Art innerhalb der württembergischen Landeskirche. Der Hamburger Kirchenkreis hat Anfang 2022 eine Ritualagentur ins Leben gerufen, das Segensbüro „Blessed“ in der Pfalz öffnete im Juni 2024 seine Pforten. In der bayerischen Landeskirche unterstützt die Segen Servicestelle Menschen bei der Planung und Durchführung kirchlicher Segensrituale in besonderen Lebensmomenten. Sie hilft dabei, geeignete Ansprechpartner und Orte für Taufen, Trauungen, Bestattungen sowie andere Anlässe zu finden.
Das Team besteht aus Pfarrerinnen und Pfarrern und einer Marketingfachfrau, die in den Büros in Nürnberg und München tätig sind. Sie beraten individuell und regional, um den persönlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Dazu gehören Segnungsgottesdienste für Schwangere oder das Angebot „Einfach heiraten“, eine unkomplizierte Segensfeier für Paare ohne Voranmeldung oder spezielle Voraussetzungen, offen für alle, unabhängig vom Familienstand oder der Kirchenzugehörigkeit. Man kann sich „stressfrei und ohne Tamtam“ segnen oder trauen lassen. Eine Pfarrperson, eine Diakonin oder ein Religionspädagoge führt ein persönliches Gespräch, man formuliert seine Wünsche, dann ist es so weit für das „Ja“. Für Musik, Schmuck und Sektempfang ist gesorgt.
Der Bedarf nach diesen Angeboten ist da, denn die Menschen gerade in großen Städten haben oft nur noch eine lose, wenn überhaupt eine Verbindung zu einer Ortsgemeinde. Und fragen sich vielleicht: Kann man dort einfach so anrufen, wenn man etwas möchte?
Einen wichtigen Anstoß für den Stuttgarter Segensservice, so erinnert sich Pfarrer July, gab das Tauffest auf dem Stuttgarter Fernsehturm. Im Sommer 2023 war das. Bei herrlichem Sonnenschein feierten Familien die Taufe von 44 Täuflingen auf dem Turm und am Fuß des Stuttgarter Wahrzeichens. „Mir wird immer in Erinnerung bleiben“, sagt July, „wie ich am Ende eines langen Tages in 144 Meter Höhe die letzten beiden Kinder getauft habe. Alles war schon aufgeräumt; außer der Mutter, ihren beiden Kindern und mir war niemand da. Das war ein wahnsinnig berührender Moment, zu sehen, welche Freude da im Raum war bei Mutter und Kindern. So soll es bei der Taufe ja auch sein.“ Zu dem Fest kamen einige Alleinerziehende wie diese Mutter.
Die Stuttgarter wollen mit dem Segensservice ein – soziologendeutsch gesprochen – niedrigschwelliges Angebot machen. Sie wollen Menschen erreichen, „die sonst durchs Netz unserer Gemeindestrukturen fallen“, wie July sagt. Sie wollen einen festlichen Rahmen schaffen, auch mit Essen und Trinken, denn eine Taufe kann ins Geld gehen. Doch an den Kosten darf es nicht scheitern, wenn ein Mensch in die christliche Gemeinschaft aufgenommen werden soll.
Die Kasualien Taufe und Trauung, auch der Abschied von einem geliebten Menschen sind wichtige Begegnungsmöglichkeiten zwischen kirchenfernen Menschen und der Kirche.
Menschen haben teilweise kaum Berührungen mit der Ortsgemeinde und Kirche überhaupt, aber wollen dann an entscheidenden Wendepunkten im Leben doch eine kirchliche Begleitung“,
sagt Pfarrer Friedrich Alexander July
In diesen Momenten müssen wir laut July verlässlich da sein für die Menschen." So steht es auch auf der Internetseite: „Wir sind für dich da.“
Friedrich Alexander July betreut inzwischen die Sarahkirchengemeinde in Stuttgart, Pfarrer Michael Krimmer kümmert sich seit März um den Segensservice. Er arbeitet auch für die junge Kesselkirche und sagt: „Zwei wunderbare kirchliche Initiativen in Stuttgart – ein Gedanke: Gottes Segen an die nächsten Generationen und auf den Schwellen des Lebens spürbar weitergeben
Beim Segensservice Stuttgart können Sie einen Ort heraussuchen und einen Termin vereinbaren.