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Das Buch der Bücher

Die Bibel: Buch mit vielen Übersetzungen

Die Bibel ist auf Deutsch in vielen verschiedenen Ausgaben erhältlich. Weshalb sich die einzelnen Übersetzungen unterscheiden, das erklärt Christoph Rösel. Von Karin Ilgenfritz

Frau hält sich eine geöffnete Bibel vor ihr Gesicht
Unsplash/Sarah Noltner

„Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass bei den gängigen deutschen Bibel-Übersetzungen der Sinn immer getroffen wird“, betont Christoph Rösel General­sekretär der Deutschen Bibel­­gesellschaft in Stuttgart. „Bei einzelnen Wörtern kann es sein, dass da etwa im hebräischen Urtext jeweils ein etwas anderes Wort steht. Wenn man sich intensiv mit einem Text befasst, dann ist es immer besser, sich am Urtext zu orientieren.“ Aber das ist natürlich nur möglich, wenn man He­bräisch und Griechisch beherrscht. Eine gute Möglichkeit ist es auch, Übersetzungen zu vergleichen.

Steht da überall das Gleiche, wird das auch im Urtext so sein. Findet man jedoch inhaltliche Unterschiede, dann ist es besser, den Urtext heranzunehmen.

sagt Christoph Rösel

Herausforderungen beim Bibel übersetzen

Es gibt viele Herausforderungen, wenn man die Bibel übersetzt. Sie ist ein dickes Buch mit vielen Texten. Da ist das Alte Testament, hauptsächlich in Hebräisch und etwa zu zwei Prozent in Aramäisch. Das Neue Testament wurde auf Griechisch geschrieben. Dazu kommen die unterschiedlichen Prägungen – Erzählungen oder poetische Texte, wie die Psalmen.

Gerade Wortspiele und Sprachbilder sind schwer zu übersetzen. Die wörtliche Übersetzung ergibt oft keinen Sinn

sagt Christoph Rösel

Der Grundgedanke bleibt erhalten

Dennoch ist er überzeugt, dass der Grundgedanke in den Übersetzungen erhalten bleibt. „Aber nicht immer können alle Sinn­gehalte wiedergegeben werden. Es gibt Bilder und Begriffe, da weiß man heute einfach nicht, was das bedeuten soll.“ Das trifft nach seiner Erfahrung vor allem für das Alte Testament zu.

Als Beispiel nennt er Hesekiel 40 bis 48: „Da geht es um die Wiederherstellung des Tempels. Dort kommen Wörter vor, bei denen weiß man aus dem Zusammenhang, dass sie eine architektonische Bedeutung haben, aber man weiß nicht, ­worum es genau geht.“ Beim Neuen Testament ist das viel seltener der Fall. „Im Griechischen gibt es viel mehr Vergleichstexte.“

Kompromisse beim Übersetzen

Dennoch sind Kompromisse beim Übersetzen nötig. „Es gibt verschiedene Ebenen. Zum einen die einzelnen Wörter: Ein griechisches Wort entspricht zum Beispiel in 95 von 100 Fällen einem bestimmten deutschen Wort. Aber dann gibt es immer noch fünf Stellen, wo das Wort eine etwas andere Bedeutung hat. Man muss im Einzelfall entscheiden, ob nicht doch das andere Wort besser passt“, erklärt Rösel.

Verschiedene Bibel aufeinandergestapelt
Nicole Marten
Die verschiedenen Bibelübersetzungen klingen teilweise sehr verschieden.

Satzbau ist auch entscheidend

Eine andere Ebene ist der Satzbau. „Da stellt sich die Frage: Versuche ich die Sätze so nachzubauen wie im Griechischen? Oder teile ich die Sätze auf, um sie verständlicher zu machen?“ Bei der Übersetzung der Basisbibel zum Beispiel galt die Regel, dass ein Satz nicht mehr als 16 Wörter haben soll und höchstens einen Nebensatz. „Wer die originale Satzstruktur nachschauen will, sollte die Luther­bibel zur Hand nehmen, die Elberfelder oder die Zürcher.“ Vom Übersetzungsstil sei sie zwischen der Luther Bibel und der Gute Nachricht Bibel angesiedelt.

Die Lutherübersetzung klingt heute altertümlich, aber damals war sie auf der Höhe der Zeit.

sagt Christoph Rösel

Das ist im Grunde das Schicksal jeder Bibelübersetzung: Wenn sie lange verwendet wird, verändert sich die Wahrnehmung der Leserschaft, weil sich die Sprache und Sprachgewohnheiten ändern.

Es ist wichtig, dass eine Übersetzung auch nicht zu modern ist, sonst veraltet sie besonders schnell.

sagt Christoph Rösel