Der Krieg im Heiligen Land führt zu einer verstärkten Abwanderung junger Christen aus Israel und aus den Palästinensischen Gebieten. Das berichteten zahlreiche Gesprächspartner einer Delegation des weltweiten katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“, die diese Region bereiste.
„Viele junge Leute haben keine Hoffnung mehr. Sie stellen Heirat und Familiengründung zurück und versuchen, das Land zu verlassen“, sagt die Leiterin der Sozialdienste im Lateinischen Patriarchat von Jerusalem, Dima Khoury. Es sei schwer, Hoffnung zu vermitteln.
Das glaubt auch Jugendseelsorger Louis, der in Ramallah im Westjordanland eine Gruppe der katholischen Organisation „Youth of Jesus’ Homeland“ leitet.
Wir bitten die Jugendlichen eindringlich, nicht auszuwandern. Wenn die Christen gehen, werden die heiligen Stätten wie kalte, verlassene Museen sein.
sagt Jugendseelsorger Louis
Berechnungen des Berichts „Religionsfreiheit weltweit 2023“ von „Kirche in Not“ zufolge liegt die Zahl der Christen in den Palästinensischen Gebieten bei rund 50.000, in Israel unter 180.000. Darunter sind auch zahlreiche arabische Christen mit israelischer Staatsbürgerschaft.
Die Tendenz zur Abwanderung hält seit Jahren an und hat sich durch die Terroranschläge der islamistischen Hamas und den darauffolgenden Krieg verstärkt. „Wie so viele Menschen wünschen wir uns einfach unser Leben vor dem 7. Oktober 2023 zurück, als die Hamas Israelis angriff“, berichtet der junge christliche Journalist Raffi Ghattas aus Ostjerusalem. Auch vor dem jüngsten Krieg sei der Alltag zwar von Kontrollen und verschärften Lebensbedingungen geprägt gewesen, aber das hätten die Christen als Normalität wahrgenommen.
Viele arabischsprachige Christen seien in Jerusalem vom West- in den Ostteil der Stadt abgedrängt worden, wo sie wegen der hohen Immobilienpreise kaum Eigentum erwerben konnten. „Die Mieten verschlingen fast ein ganzes Einkommen“, erläutert Dima Khoury. Auch im Westjordanland hat sich die Situation für viele Christen verschärft.
Vor dem Krieg hatten rund 180.000 Palästinenser eine Arbeitserlaubnis für Israel; diese wurden aus Sicherheitsgründen zunächst alle widerrufen und bislang nur für etwa 10.000 Personen erneuert. Das spüren auch junge Christen wie der Schmied Shaheen, der „Kirche in Not“ beim Treffen einer Jugendgruppe in Ain Arik bei Ramallah berichtet:
Vor dem Krieg habe ich in Israel umgerechnet etwa 100 Euro pro Tag verdient, heute komme ich auf etwa zehn Euro.