Das klingt drastisch.
Sven Plöger: Ist es ja auch. Aber mir geht es nicht darum, Panik zu machen und zu drohen. Sondern ich möchte durch Wissen und anschauliche Darstellung – ohne Übertreibung Richtung Apokalypse – eine Haltung generieren. Dass jedem und jeder klar ist, wo wir stehen und was das eigene Verhalten bewirken kann. Wenn man „A“ sagt und „B“ macht, darf man sich nicht wundern, dass „A“ nicht wirkt. Wenn ich mir das Verhalten vieler Menschen anschaue, bin ich mir da nicht so sicher, ob wir wirklich „die Krone der Schöpfung“ sind. Aber nochmal zurück zu meinem Anliegen. Ich finde klare Worte, rede nichts schön. Aber dann lege ich Wert darauf, auch immer einen Ausweg aufzuzeigen.
Wie kann der aussehen?
Sven Plöger: Bequem ist er nicht, das liegt in der Natur der Sache. Was wir uns – trotz einer geopolitisch derzeit nur schwer zu ertragenden Lage mit vielen sich überlagernden Krisen bis hin zum unerträglichen Krieg in der Ukraine – erhalten müssen, ist der begründete Optimismus. Wir kennen die Stellschrauben, müssen sie nutzen und unsere Erfolge auch sichtbar machen. Das macht anderen Mut. Ich möchte Menschen ermutigen, bei Kleinigkeiten anzufangen und die Realität nicht auszublenden. Ich versuche nicht zu missionieren oder eine Ideologie zu verkünden, sondern ich versuche, komplizierte Naturwissenschaft zu übersetzen, um am Ende eine Haltung gegenüber dem Thema zu generieren. Es muss bei jeder und jedem aus dem Inneren kommen, sich klimafreundlich zu verhalten. Wenn man jemandem Vorschriften macht, kommt es eher zu einer Art „pubertärem Widerstand“.
Sie engagieren sich für Organisationen wie „Brot für die Welt“, World Vision oder das Kinderhospiz Bethel. Welchen Bezug haben Sie zu Kirche und zum christlichen Glauben?
Sven Plöger: Durch meine Eltern bin ich da verbunden. Sie waren beide immer in ihrer evangelischen Gemeinde aktiv. Der soziale Gedanke, andere zu unterstützen – das war ihnen immer wichtig. Daher kommt das bei mir. Die Organisationen und Einrichtungen haben mich angefragt. Ich habe mir das alles angeschaut und dann aus innerer Überzeugung gefunden, dass ich mich da einsetzen möchte. Für mich selbst spielt der Glaube eine Rolle, weil er Halt geben kann. Hyperkonsum in einem Hamsterrad der Art „schneller, höher, weiter, mehr“ kann das nicht. Leider besteht bei Religionen aber auch immer die Gefahr, dass sie missbraucht werden.
Bewahrung der Schöpfung ist ja auch ein christliches Thema.
Sven Plöger: Zu diesem Thema bin ich auch schon zu „Kanzelreden“ eingeladen worden, was ich sehr gern gemacht habe. Die Schöpfung bewahren hat viel mit Respekt zu tun. Wenn ich nachhaltig lebe, bringe ich den Ressourcen auch Respekt entgegen. Leider fehlt uns dieser Respekt an zu vielen Stellen.
Respekt – wovor genau?
Sven Plöger: Vor unseren Lebenselixieren. Wir müssen uns mal klarmachen, wie wichtig Luft ist: Nach drei Minuten ohne ist es vorbei. Oder Wasser: Da ist es nach drei Tagen ohne vorbei. Wir verbrauchen die Ressourcen von 1,8 Erden. Aber wir haben nur eine. Es gehört sich nicht, so respektlos damit umzugehen. Wir werfen so viel Nahrung weg und missachten die Schöpfung. Das Problem ist, dass wir keine direkten Auswirkungen unseres Handelns sehen. Da muss der Mensch dringend umdenken. Jetzt.
Wie sind Sie vom Wetter, der Meteorologie, zur Klimathematik gekommen?
Sven Plöger: Mir wurde der Klimawandel deutlich bewusst, als 1999 der Sturm „Lothar“ gewütet hat. Damals waren wir in unserem Haus auf einem Berg auf 1100 Meter Höhe. Dann kamen diese Windböen bis zu 179 Kilometer pro Stunde. Wir mussten Schutz suchen. Am stabilsten ist immer der kleinste Raum und so haben wir uns im Gäste-WC aufgehalten. Von da konnten wir den Sturm verfolgen und ich habe nie so viele Bäume gleichzeitig umfallen sehen. Diese Kräfte sind entstanden durch Veränderungen, die wir als Menschen diesem Planetensystem zufügen. Was, wenn irgendwann Kräfte freigesetzt werden, die wir nicht mehr beherrschen können? Da wollte ich mehr verstehen.
Was ist Ihre wichtigste Erkenntnis?
Sven Plöger: Eine schockierende Erkenntnis war und ist, dass wir mit unserem Verhalten mit wenig viel Übles auslösen können. Zum Beispiel das Ozonloch, das ist vom Menschen gemacht. Wir brauchen die Naturwissenschaft, um zu verstehen, was geschieht. Um zu wissen, was wir dagegen tun können. Und jeder und jede kann etwas tun.