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Großeltern ohne Enkel

Wenn der Zugang zu den Enkelkindern verwehrt wird, sorgt das oft für großes Leid bei Großeltern. Zwei Omas erzählen.
Von Charlotte Morgenthal (epd)

Frau sitzt auf einem Sofa
epd-bild/Detlef Heese
Ellen Kuhröber kämpft darum, ihre Enkel­tochter sehen zu können

Ellen Kuhröber wurde vor gut zwölf Jahren Großmutter, aber sie hat ihre Enkeltochter nie gesehen. Seit der Geburt des Mädchens kämpft die Tagesmutter aus dem Landkreis Osnabrück dafür, eine Beziehung zu dem Mädchen aufzubauen, Oma sein zu dürfen. Vor rund fünf Jahren gründete sie eine Selbsthilfegruppe für weitere betroffene Großeltern. Kuhröber schildert ihre Geschichte, die sie auch in einem Buch festgehalten hat.

Es ist wie ein Kampf gegen Windmühlen

sagt Ellen Kuhröber

Noch während der Schwangerschaft sei die Beziehung zwischen ihrem Sohn und der werdenden Mutter auseinandergegangen. „Ich wollte die Frau unterstützen, die sichtlich allein und verzweifelt war, und habe sie auch zu Ärzten begleitet.“ Ein einziges Mal habe sie ihr Enkelkind im Ultraschallbild sehen können.

Viele Großeltern ohne Kontakt zu Enkeln

Kuhröber zählt zu etwa 20 Millionen Großeltern, die geschätzt in Deutschland leben. Aber nicht alle haben Kontakt zu ihren Enkeln. In ihrem Fall habe die Mutter nach der Geburt angegeben, den Vater des Kindes nicht zu kennen und sich nicht um das Kind kümmern zu können, berichtet Ellen Kuhröber. Das Baby kam in eine Pflegefamilie.

Die Großmutter erzählt, sie packe jedes Jahr Geschenke und Briefe zu Weihnachten, zu Ostern, zum Geburtstag, die sie über das Jugendamt zustellen lasse. Nie habe sie eine Antwort erhalten.

Großeltern sind einfach nicht im Fokus, sondern das fünfte Rad am Wagen. Wenn wir gebraucht werden, ist alles gut, aber wenn wir nicht gebraucht werden, kriegen wir nur Tritte.

sagt Ellen Kuhröber aufgebracht

Oma und Enkelkind backen zusammen
Unsplash/Christian Bowen
Großeltern können eine wichtige Rolle im Leben ihrer Enkel spielen.

Kontaktabbruch kann auch nach Jahren kommen

Ähnliche Gefühle kennt auch Jana Kowalski, deren mittlerweile sechsjähriger Enkelsohn im vergangenen Sommer vom Kindergarten aus in die Obhut des Jugendamtes kam. Danach habe sie ihn erst wieder an Weihnachten zweimal für eine Stunde sehen dürfen, erzählt die 60-jährige Erzieherin. Der Junge sei in ein Heim gekommen.

Er habe den gleichen Kindergarten besucht, in dem sie arbeitete, habe teilweise bei ihr gelebt und sei auch sonst täglich bei ihr gewesen. Auch Kowalskis Geschichte ist geprägt von Konflikten der Eltern untereinander und zahlreichen Gesprächen mit dem Jugendamt sowie Terminen vor Gericht. Ihr Fazit:

Als Großeltern hat man keine Rechte.

sagt Jana Kowalski

Kowalski zeigt stolz Fotos von ihrem Enkel, einem strahlenden Jungen mit kurzen blonden Haaren, in den Armen seines Vaters im Sommer. Der Junge habe mit ihr Pilze im Wald gesammelt, Gemüse geerntet, Fußball gespielt, gebastelt, erzählt die Großmutter. Selbst in den Urlaub sei sie mit ihm gefahren.

Großeltern übernehmen eine wichtige Rolle im Leben ihrer Enkel. Sie  können vor allem ihre Lebenserfahrung weitergeben – wenn man sie denn lässt.

Anderen Großeltern helfen

Ellen Kuhröber will mit der Selbsthilfegruppe versuchen, anderen Großeltern zu helfen. „Wenn wir uns einmal im Monat treffen, ist sehr viel Leid dabei, es fließen viele Tränen und es geht an die Psyche“, sagt sie. Etwa 30 Betroffene hat Kuhröber bereits begleitet, wie sie sagt. Einige hätten durch Mediation wieder zu ihren Enkeln gefunden. Kuhröber hofft „nach zwölf Jahren auf ein gutes Ende für meine Enkeltochter und mich“.

Für Jana Kowalski sieht es nach langem Hin und Her so aus, dass sie ihren Enkel bald wieder regelmäßig sehen kann: Noch sei er im Heim, erzählt sie, aber es habe im Juni ein Gerichtsurteil gegeben, wonach er zurück zu seiner Mutter dürfe und künftig auch einige Tage in der Woche bei seinem Vater sei. Dann könne auch sie ihren Enkel wieder öfter treffen, hofft sie – vielleicht rechtzeitig zum Gemüseernten oder Pilzesammeln.

Oma und zwei Enkel im Garten
Unsplash/Nikoline Arns
Jana Kowalski hofft darauf, bald wieder mit ihrem Enkel im Wald Pilze sammeln zu können (Symbolbild).