Widerstand im Dritten Reich

Hitler als Widerchrist

Am 20. Juli 1944, verübte Claus Graf Schenk von Stauffenberg ein Attentat auf Adolf Hitler. Anfangs begeistert, sah er später in dem Dikator den von Stefan George beschriebenen „Widerschrist". Von Andreas Steidel

Claus Schenk Graf von Stauffenberg
Foto: epd-bild/akg-images
Anfangs begeistert von Hitler, wurde er später zu einem seiner erbittersten Gegner: Claus Schenk Graf von Stauffenberg.

Ein letzter Sommer im Kreise der Familie. In Afrika war Claus von Stauffenberg schwer verwundet worden, im Juli und August 1943 erholte er sich im Familienschloss in Lautlingen auf der Schwäbischen Alb. Die rechte Hand hatte er verloren und zwei Finger an der linken, außerdem ein Auge: Doch all das konnte den zu allem Entschlossenen nicht vom Handeln abhalten.

Zunächst ein Anhänger

Anfangs hatte der Offizier die Machtergreifung Hitlers begrüßt, auf ein nationales Erwachen gehofft. Doch als er die Gräuel an der Zivilbevölkerung in Russland sah, die Massenerschießungen hinter der Front und die größenwahnsinnige Kriegsführung, änderte sich seine Haltung. Bald schon war für ihn klar: Hitler muss weg, notfalls auch durch ein Attentat.

Die Gedenkfeier in der Kirche in Lautlingen findet am 20. Juli um 18 Uhr statt. Die Gedenkstätte hat Mittwoch, Samstag, Sonn- und Feiertag von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

Stauffenberg und sein Bruder schmieden Pläne

Im Schlossgarten von Lautlingen, das heute zu Albstadt gehört, wurden Pläne geschmiedet. Ein ums andere Mal trafen dort Mitverschwörer ein und beratschlagten: Auch sein Bruder Berthold gehörte dazu und der österreichische Germanist Rudolf Fahrner, der als einer der wenigen die Verfolgungen nach dem Attentat überlebte. Jedes Jahr am 20. Juli wird mit einer Gedenkfeier in der Lautlinger Kirche an Claus Schenk Graf von Stauffenberg erinnert.

Stauffenberg war Christ

Er war katholisch geprägt, später sollte er in dem Dichter Stefan George seinen geistigen Vater und Lehrmeister des Lebens finden. Georges Schrift „Der Widerchrist“ übte großen Einfluss auf ihn aus, immer wieder zog er es in den Tagen vor dem Attentat heran. Keine Frage, wer für ihn der personifizierte Widerchrist war: Adolf Hitler. Ihn galt es zu beseitigen. Doch wer sollte das tun? Es gehört zu vielen Gründen des Scheiterns am 20. Juli, dass Stauffenberg letztlich beides war: der Kopf der Widerstandsbewegung und der Attentäter selbst. Letzteres auch deshalb, weil er einer der wenigen aus dem Kreis der Verschwörer war, der Zugang zu Hitler hatte. Immer wieder war er bei Lagebesprechungen im Führerhauptquartier Wolfsschanze dabei.

Schloss im Grünen
Andreas Steidel
Das ehemalige Familienschloss der Stauffenbergs in Albstadt-Lautlingen ist heute eine Gedenkstätte.

Tag des Attentats

So auch am 20. Juli 1944. Am Vormittag flog er von Berlin nach Rastenburg, mit zwei Bomben im Gepäck. Eine davon konnte er scharf machen, sie tötete vier Teilnehmer der Runde, nicht jedoch Hitler. Wieder einmal war er davongekommen.

Das jedoch wusste Stauffenberg nicht. Er flog nach Berlin und setzte die Umsturzpläne in Gang. Doch bald war klar, dass Hitler überlebt hatte. Gegen 22 Uhr am Abend mussten die Verschwörer aufgeben, kurz vor Mitternacht wurden sie erschossen.

Einen Tag später rückte auch in Lautlingen die Gestapo ein. Die Familie kam in Sippenhaft. In weiten Teilen Deutschlands galt Stauffenberg als Verräter, auch nach dem Krieg noch. Das hat sich gewandelt. Heute ist im ehemaligen Familienschloss in Lautlingen eine Gedenkstätte zu finden, in der man der Familie Stauffenberg auf eine besondere Weise näherkommt.