Theologie

Nizänisches Glaubensbekenntnis: Wichtige Streitfragen geklärt

Es ist länger, ausführlicher und wird in unseren westlichen Kirchen nicht so häufig gesprochen: das Nizänische Glaubensbekenntnis. Dennoch ist es für die Weltkirche wichtig, denn es ist das Glaubensbekenntnis, auf das sich alle berufen. Was der Text beinhaltet und wie es dazu kam. Von Jonathan Reinert

Historisches Gemälde auf dem das erste Konzil von Nicäa in Form von zehn Männern abgebildet ist. Kaiser Konstantin entrollt eine Textrolle mit griechischen Buchstaben.
Foto: pd
Kaiser Konstantin entrollt den Text des Nizänischen Glaubensbekenntnisses

Das zweite der drei altkirchlichen Glaubensbekenntnisse, die in den „Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche“ aufgenommen sind, ist das sogenannte „Nizänische Glaubensbekenntnis“. Obwohl es hierzulande erheblich weniger bekannt ist als das regelmäßig in Gottesdiensten gesprochene „Apostolische Glaubensbekenntnis“, ist es im Blick auf die Weltchristenheit das wichtigere: Nur das „Nizänum“ wurde sowohl in Ostkirchen als auch in unseren westlichen Kirchen rezipiert. Es ist demzufolge das eigentliche ökumenische Bekenntnis und wird entsprechend meistens in ökumenischen Gottesdiensten genutzt.

Zugleich hat es einen gewissermaßen anti-ökumenischen Aspekt, der auch zu seiner Geschichte gehört: Vom Heiligen Geist wird gesagt, dass dieser „aus dem Vater (und dem Sohn) hervorgeht“. Der eingeklammerte Teil – lateinisch: „filioque“ – ist eine spätere Hinzufügung der westlichen Tradition, die letztlich mit für die Trennung von römisch-katholischer Kirche und orthodoxen Kirchen verantwortlich ist. Und auch in der Fassung der lutherischen Bekenntnisse ist dieser Zusatz enthalten, der jedoch in ökumenischen Gottesdiensten nicht mitgesprochen wird.

In der Forschung ist für dieses Bekenntnis der Zungenbrecher „Nizäno-Konstantinopolitanum“ gebräuchlich. Die exaktere Bezeichnung verweist auf den historischen Ort seiner Entstehung: Formuliert wurde es auf dem Konzil von Konstantinopel (381 n. Chr.), geht jedoch in großen Teilen auf ein Bekenntnis des Konzils von Nizäa (325 n. Chr.) zurück. Davon wissen wir aus Akten des Konzils von Chalcedon (451 n. Chr.), in denen das Bekenntnis aufgenommen und als verbindlich beschlossen wurde. Rückblickend bezeichnet man diese (und ein paar weitere) als „ökumenische Konzilien“, da ihre Beschlüsse sowohl von den Kirchen im Westen (heute: römisch-katholische und evangelische Kirchen) als auch von einem Großteil der Ostkirchen (heute: orthodoxe Kirchen) anerkannt wurden und werden.

Gründe für die Konzilien

Grob vereinfacht war eine Verbindung von zwei Gründen für diese Konzilien entscheidend:

Der Text des Nizänischen Glaubensbekenntnisses ist sehr viel länger als der des Apostolischen Glaubensbekenntnisses. Zu finden ist das Nizänische Glaubensbekenntnis unter der Nummer 687 im Evangelischen Gesangbuch. Dort ist der Text komplett abgedruckt.

Der äußere (religions-)politische Grund ist durch die „Konstantinische Wende“ gegeben. Auf die ersten drei Jahrhunderte mit Wellen der Christenverfolgung folgte eine Entwicklung von der Duldung über die Instrumentalisierung zur Bevorteilung des Christentums, die sich maßgeblich mit dem Namen des Kaisers Konstantin verbindet. Das Christentum sollte ein stabilisierender und Einheit stiftender Faktor des riesigen Römischen Reiches sein. Entsprechend versuchten die Kaiser Einfluss auf die Entscheidungen der Konzilien zu nehmen, nicht zuletzt dadurch, dass sie manche überhaupt erst einberiefen. Und natürlich ging es dabei auch um Macht und Einfluss zwischen Bischöfen unterschiedlicher Territorien, in denen sich inzwischen verschiedene denkerische und frömmigkeitspraktische Traditionen entwickelt hatten.

Der innere religiöse Grund war die Klärung wichtiger theologischer Streitfragen. In deren Zentrum standen das Gottesverständnis (Trinität) und das Verständnis Jesu Christi (Christologie). Worum es dabei ging, lässt sich an einigen Formulierung des „Nizänums“ veranschaulichen: Jesus Christus war nicht nur ganz und gar Mensch, der zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort gelebt hat („gekreuzigt unter Pontius Pilatus“), sondern auch „Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott“. Denn genau das war fraglich: Ist Jesus auch ganz und gar Gott – so wie Gott-Vater? Es gab theologische Strömungen, die das bestritten haben. In diese Richtung zielen auch die Formulierungen „eines Wesens mit dem Vater“ und „gezeugt, nicht geschaffen“.

Bei all diesen teilweise erbittert geführten Streitigkeiten um einzelne Worte und Formulierungen, die uns heute manchmal merkwürdig anmuten, ging es letztlich um grundlegende Fragen der Erlösung des Menschen. Das „Nizänum“ betont deshalb: „Für uns Menschen und zu unserem Heil“ ist Jesus Christus Mensch geworden und „für uns“ ist er gestorben.