Herr Collmar, Sie sind seit 1995 an der Hochschule. Sind die jungen Leute heute anders als damals?
Norbert Collmar: Die Studierendenschaft hat sich schon verändert. Themen wie Ökologie, wofür sich die Studierenden in den 1990er-Jahren eingesetzt haben, sind heute gesellschaftlicher Mainstream. Religiös herrscht heute mehr Individualität. Bei den Diakoninnen und Diakonen haben wir Studierende mit einer charismatisch geprägten Frömmigkeit und solche aus dem klassischen Pietismus und Liberale. Viele haben eine klassische volkskirchliche Biografie, die waren in der Kinderkirche, haben selbst Jugendarbeit gemacht und wollen dort hauptberuflich weitermachen. In den sozialen Studiengängen haben wir auch Katholiken, Muslimas, Zugewanderte und Menschen ohne religiöse oder konfessionelle Bindung, also Konfessionslose – ein schwieriges Wort. Die Studierendenschaft ist deutlich individueller geworden, was für die Landeskirche eine große Chance ist. Wir behandeln in jedem Studiengang auch ethische und theologische Themen und können unsere kirchlichen Wertvorstellungen in die Diskussionen einbringen. Wir bieten auf fachlicher Ebene eine wichtige Begegnungsfläche zwischen jungen Erwachsenen und Kirche.
Ist es schwieriger geworden, Lehre und Forschung zu betreiben?
Norbert Collmar: Wir verstehen Heterogenität als Chance, nicht als Belastung. Wir wollen allen Studentinnen und Studenten gerecht werden. Wenn man unterschiedliche Positionen nimmt und die didaktisch gut in ein Seminar einbaut, dann ergeben sich Diskussionen, aber das ist ja auch wichtig. Wir lernen stark voneinander. Auch ich lerne immer noch in den Seminaren. Forschung ist einfacher, da die Hochschule viele Forschungsanfragen aus Diakonie und Kirche, sozialen und pädagogischen Anbietern erhält.