Post aus São Paulo

Oase im Drogenviertel

Susanne Borges leitet mit ihrem Mann ein christliches Hilfsprojekt im größten Drogenviertel der Welt, in São Paulo in Brasilien. Von Andreas Steidel

Susanne Borges inmitten von Kindern
privat
Susanne Borges inmitten der Kinder von São Paulo.

Manchmal ist ja eine schlechte Nachricht der Anfang von etwas richtig Gutem. So war das auch bei Susanne Franz aus dem Dorf Bösingen im Landkreis Freudenstadt im Nordschwarzwald. Nach ihrer Ausbildung als Bürokauffrau wurde sie nicht übernommen – und entschloss sich, ins Ausland zu gehen.

In Brasilien geblieben

Mehr zufällig blieb sie an Brasilien hängen, auch weil ihr als christlich verwurzelte junge Frau die enge Glaubensverbundenheit der Menschen dort imponierte. Die Fußballweltmeisterschaft 2002 hatte bei ihr großen Eindruck hinterlassen. Ein Jahr später brach sie auf, sechs Monate Freiwilligendienst in einem Missionsprojekt in São Paulo. Es sollte ihr Leben verändern.

In São Paulo lernte sie nicht nur eine komplett andere Welt, sondern auch ihren Mann Matinho kennen. 2006 heirateten sie, seither heißt sie Susanne Borges und widmet ihr Leben den Straßenkindern im Drogensumpf der größten Stadt Brasiliens. Ihnen eine Hoffnung zu geben, eine Perspektive, eine Alternative zum Elend im größten Drogenviertel der Welt – es wurde zu ihrer persönlichen Mission.

Kindern eine Chance geben

2007 gründeten sie mit deutschen Freunden den Verein „educare“. Dem steht auf brasilianischer Seite das Sozialprojekt „IBTE“ gegenüber. Darin arbeiten Deutsche und Südamerikaner am Aufbau eines Hilfenetzwerks, das längst über die reine Kinderbetreuung hinausgeht.

Jugendliche können Mitarbeiter werden und, sobald sie 18 Jahre alt sind, einen Ausbildungsplatz vermittelt bekommen. Überdies werden auch die Familien betreut. Wobei Familie bedeutet: Geschwister und Mütter.

Familie Borges
privat
Familie Borges zu Besuch im Schwarzwald.

Familie Borges zwischen zwei Welten

„Väter gibt es meistens nicht“, sagt Susanne Borges, „sie verschwinden.“ Und überlassen die Familien ihrem Elend. Es ist ein von Drogensucht, Kriminalität und Banden geprägtes Umfeld. Und mittendrin sind Susanne Borges mitsamt Ehemann und den sechs Kindern. Zwei habe sie adoptiert, vier sind leiblich: Tatiane (20), Gilson (18), Emilia (15), Erik (13), Boas (9) und Linda (7). Sie wachsen als Pendler zwischen den Welten auf, sprechen Deutsch und Portugiesisch, verbringen den Sommer bei den Verwandten im Nordschwarzwald und den Rest des Jahres in São Paulo.

Mehr über die Arbeit von Familie Borges in Brasilien erfahren Sie unter www.educareev.de.

Educare und IBTE helfen täglich Kindern

Dort haben Educare und IBTE eine Oase für die Kinder geschaffen. Ein altes Schulhaus gemietet und systematisch ausgebaut. Es gibt eine Sporthalle, einen Speisesaal und Wohnraum für die Bediensteten. Täglich kommen 160 Kinder und werden dort verköstigt und betreut. Es ist eine Insel des Friedens, geschützt von Sicherheitspersonal und einem hohen Zaun.

Trotzdem kann sich Susanne Borges nichts Schöneres vorstellen. Einer, der es auch geschafft hat, ist ihr Mann Matinho: Als vaterloses Kind wuchs er inmitten des Drogenviertels auf – und ist nun ein wichtiger Ansprechpartner für all die, die noch mittendrin stecken.

Es ist so erfüllend zu sehen, was man bewirken kann

sagt Susanne Borges

Was der Familie Borges auch täglich neue Kraft gibt, ist der Glaube: Der gehört für sie sowie für fast alle Brasilianer zum Lebensalltag. Auch Gottesdienste werden regelmäßig auf dem Gelände gefeiert.

Susanne Borges wird regelmäßig im Evangelischen Gemeindeblatt über ihre Arbeit in Brasilien schreiben.