Schenken

Was Martin Luther über Geschenke sagt

Weihnachten und Geburtstag waren auch in Deutschland lange nicht die Hauptanlässe für persönliche Geschenke. Dass sie sich durchsetzten, hat viel mit Martin Luther zu tun. Von Andreas Steidel

Socken und Tüten hängen an einer Leine von der Decke
Unsplash/Markus Spiske

Die Römer waren ein gabenfreudiges Volk. Regelmäßig beschenkten sie die Götter und ihre Lieben. Der Brauch des Valentinstags geht auf sie zurück sowie auch die Gepflogenheit, am Jahresende Gaben auszutauschen.

Die christliche Tradition des Schenkens

Vieles von dem, was in Rom angelegt war, fand seine Fortsetzung in christlichen Gesellschaften. Nun freilich huldigte man nicht mehr Jupiter und Saturn, sondern dem biblischen Gott und Jesus Christus. Allerdings gab es zwischen Himmel und Erde eine Vielzahl von Vermittlern, die einen immer größeren Stellenwert einnahmen: In der katholischen Kirche kamen die Heiligen auf.

Fast jeder Tag im Jahr war einem Heiligen gewidmet. Und so wurde, lange bevor man den Geburtstag beging, der Tag des Heiligen gefeiert, besser bekannt auch als Namenstag. Wer am 11. November getauft war und Martin hieß, bekam an diesem Tag seine Geschenke.

Gemälde von Martin Luther
epd-bild/Germanisches Nationalmuseum
Luther führte die Geschenke am Geburtstag ein.

Dank Luther gibt es am Geburtstag Geschenke 

Das war auch bei Martin Luther nicht anders. Luther freilich sollte im Zuge der Reformation den Heiligenkult nach und nach beenden. Ganz allmählich setzte sich deshalb zunächst in evangelischen Gegenden der persönliche Geburtstag als Tag der Geschenke durch.

Allerdings nur ganz langsam: Denn viele Menschen aus dem einfachen Volk wussten überhaupt nicht, wann sie geboren waren. Offizielle Geburtenregister gab es lange nicht, erst allmählich wurde das Geburtsdatum zum Teil der eigenen Identität.

Weihnachten wird zum Geschenketag 

Der zweite große Geschenketag ist Weihnachten. Auch darauf hatte Martin Luther entscheidenden Einfluss. Denn vor der Reformation brachte der Nikolaus die Gaben. Am 6. Dezember erhielten die Kinder Äpfel und Nüsse. Doch weil Nikolaus von Myra ein katholischer Heiliger war, konnte auch das nicht so bleiben: Luther und die Seinen erfanden das Christkind und verlegten die Bescherung auf dessen Geburtstag am Weihnachtsfest.

Wie so oft löste sich auch dieser Brauch allmählich von seinem ursprünglichen Anlass. So tauschen heute auch Katholiken primär an Weihnachten ihre Geschenke aus. In südeuropäischen Ländern, wie Spanien, hält sich dennoch die Gepflogenheit, dass auch das Dreikönigsfest ein Tag der Bescherung ist.

Der Nikolaus  verschwand vorübergehend in der zweiten Reihe der Gabenbringer, feierte jedoch in Form des Weihnachtsmannes Wiederauferstehung. Es war eine Werbekampagne von Coca-Cola in den 30er-Jahren, die ihn im roten Gewand mit weißem Vollbart zu einer neuen kommerziellen Karriere verhalf.

Verpackte Geschenke liegen unter einem Weihnachtsbaum
Unsplash+/Daiga Ellaby
Geschenkemassen unter dem Weihnachtsbaum sind keine Ausnahme.

Schenken wird kommerziell

Die Kommerzialisierung des Schenkens verlief parallel mit der Entwicklung ganzer Wirtschaftszweige, die sich des Themas annahmen. So entwickelte sich auch in Deutschland im 19. Jahrhundert eine Spielzeugindustrie, deren Produkte unter dem Weihnachtsbaum platziert wurden: Puppen, Trommeln, Zinnsoldaten, Schaukelpferde. Als sich im Biedermeier die Kleinfamilie durchzusetzen begann, wurde auch das Schenken immer umfangreicher und persönlicher.

Das rief bald auch die Kritiker auf den Plan. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts kamen Stimmen auf, die die zunehmende Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes anprangerten. So gründete sich 1912 in New York eine „Gesellschaft zur Verhütung nutzlosen Schenkens“. Sonderlich erfolgreich war sie aber nicht – der Kommerz unterm Christbaum ist ein Problem, für das es bis heute keine Patentlösung gibt.