Religion und Politik

Wer wählt wen in den USA?

Christen in den USA zeigen deutliche Unterschiede im Wahlverhalten: Schwarze Christen unterstützen eher demokratische Kandidaten, evangelikale Protestanten unterstützen Trump. Von Konrad Ege (epd)

bunt bedruckte Sticker auf denen "I Voted" (ich habe gewählt) steht
Unsplash/Element5 Digital

Religion und Politik in den USA: Ein komplexes Verhältnis

In den USA spielen Religion und Glaube eine wichtige Rolle in der Politik, insbesondere im Kontext der unterschiedlichen Weltanschauungen von Schwarz und Weiß. Weiße evangelikale und protestantische US-Amerikaner bilden seit Jahren den harten Kern der Donald-Trump-Wählerschaft, während schwarze Christen überwiegend demokratisch wählen.

Die Bedeutung von Religion in der US-Politik

Rund 60 Prozent der US-Bevölkerung bekennen sich zum Christentum. Eine Umfrage des „Pew Research Center“ ergab, dass 48 Prozent der Befragten es wichtig finden, dass ein Präsident einen „starken religiösen Glauben“ hat. Vizepräsidentin und Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris ist Baptistin, ihr Vize Tim Walz Lutheraner. Trump ist nach eigener Aussage in der Presbyterianischen Kirche konfirmiert worden, gilt aber mittlerweile als konfessionslos. Gleichwohl ließ er wissen, „Gott allein hat das Undenkbare verhindert“ bei dem Attentatsversuch im Juli. Sein Vize J.D. Vance ist Katholik, ebenso der amtierende Präsident Joe Biden.

Die Rolle von Religion in den Präsidentschaftswahlen

Bei den Nominierungsparteitagen wurde viel gebetet. Bei den Republikanern traten der konservative Baptistenprediger Franklin Graham ans Mikrofon, ein römisch-katholischer und ein orthodoxer Erzbischof sowie ein Pastor der konservativen „Lutherischen Kirche – Missouri-Synode“. Bei den Demokraten beteten Pastor Amos Brown von Harris' Heimatkirche in San Francisco, ein katholischer Kardinal sowie ein Hindu-Geistlicher.

Die Mobilisierung von Wählern durch religiöse Organisationen

Kamala Harris sprach Ende August bei der Generalversammlung der rund drei Millionen Mitglieder zählenden African Methodist Episcopal Church, einer noch zu Zeiten der Sklaverei gegründeten schwarzen Kirche. Die amtierende Vizepräsidentin und Präsidentschaftsbewerberin der Demokraten bedankte sich per Video, dass die Versammelten „hart arbeiten“, um „Seelen in die Wahlkabinen zu bringen“.

Ein Verband schwarzer Geistlicher tat sich unter dem Namen „Black Church Political Action Committee“ zusammen, um eine Million Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren für Harris. Die „Faith and Freedom Coalition“ investiert 62 Millionen Dollar in den Wahlkampf für Trump und will rund zehn Millionen evangelikale Wähler kontaktieren.

Die Auswirkungen von Religion auf die politischen Einstellungen

Ryan Burg ist Baptistenpastor und Politikwissenschaftler an der Eastern Illinois University in Charleston, Illinois. Zu Erfolgsaussichten der Demokraten bei weißen Gläubigen äußert er sich skeptisch. In der Vergangenheit seien religiöse Menschen wichtig gewesen in liberalen Bewegungen wie der Bürgerrechtsbewegung, sagt er dem Evangelischen Pressedienst. Heute seien weiße Evangelikale der bedeutendste religiöse Wählerblock. 40 Prozent der Trump-Wähler seien weiße Evangelikale.

Erhebungen zeigten, dass häufige Kirchgänger eher zu konservativen Ansichten neigen, erklärt Burge. Rund 25 Prozent der US-Amerikaner, besonders junge Menschen, glaubten heutzutage an „nichts Bestimmtes“. Viele sind politisch liberal eingestellt, gingen aber nicht so regelmäßig zum Wählen wie Konservative.

Die Grenzen von Religion in der Politik

Als steuerbefreite Organisationen dürfen Kirchen nicht wahlpolitisch aktiv sein. Allerdings dürfen sie zu sozialen und politischen Fragen Stellung beziehen. Katholische Bischöfe betonen häufig, wie wichtig der Kampf gegen Abtreibung und für Lebensschutz sei. Direkte Wahlempfehlungen werden vermieden.

Die Rolle von Religion bei den Präsidentschaftswahlen 2020

Jüdische US-Amerikaner wählen überwiegend demokratisch. Muslime ebenfalls. Nach Angaben des muslimischen Lobbyverbands Emgage haben bei der Wahl 2020 rund 1,1 Millionen Muslime ihre Stimme abgegeben. 86 Prozent hätten laut Nachwahlbefragung für Joe Biden gestimmt und sechs Prozent für Trump.

Wirkliche Beweggründe bei der Stimmabgabe sind schwer zu messen. Burge äußert den Verdacht, dass manche Konservative nicht unbedingt religiös motiviert seien. Sie seien vielmehr gegen gleichgeschlechtliche Ehe oder Anerkennung von Transpersonen und bemühten die Bibel lediglich, um ihre Haltung zu rechtfertigen