Verkündigung im Fernsehen

Wort zum Sonntag: Der Dauerbrenner

Das „Wort zum Sonntag“ ist nach der „Tagesschau“ die älteste Sendung im deutschen Fernsehen. Jetzt wird es 70 Jahre alt. Ein Rückblick auf rund 3600 Samstagabend-Impulse. Von Andreas Steidel

Ein Mann steht vor einer Kamera.
unsplash/Matthew Ball
Verkündigung im Fernsehen – das gibt es seit 70 Jahren beim Wort zum Sonntag. Hier ein Symbolbild.

Es hätte ein katholischer Auftakt werden sollen. Doch als am 1. Mai 1954 Prälat Klaus Mund das Wort ergriff, blieben die Fernseher stumm: Kabelbruch! So ging es tatsächlich erst am 8. Mai los – mit dem evangelischen Pastor Walter Dittmann aus Hamburg.

Die Panne sollte eine Ausnahme darstellen, der stetige Wechsel von evangelisch und katholisch jedoch wurde zur Regel. Rund 300 Sprecherinnen und Sprecher der beiden großen Kirchen hat es in sieben Jahrzehnten „Wort zum Sonntag“ gegeben, derzeit teilen sich vier Katholiken und vier Evangelische die TV-Bühne.

Vier Minuten lang dürfen sie zu ihrem Publikum reden, jeweils zwischen den „Tagesthemen“ und dem Spätfilm im Ersten. In den Anfangszeiten waren es sogar zehn Minuten zum Abschluss des Programms, danach flimmerte nur noch das Testbild über die Mattscheibe.

Logo: Das Wort zum Sonntag
Bild: ARD
Das Logo von "Das Wort zum Sonntag".

Wort zum Sonntag hat sich verändert

Das Testbild ist längst Vergangenheit, doch das „Wort zum Sonntag“ hat den Wandel der Zeiten überlebt. Vielleicht auch, weil es sich angepasst hat und immer wieder Akzente setzte: So durften auf evangelischer Seite schon 1957 auch Frauen sprechen und heute ist selbst bei den Katholiken die Hälfte der Sprecher weiblich. Immer mal wieder ließ man sich auch einen Gag einfallen, als etwa der protestantische Pastor Heiko Rohrbach mit seinem Hund Jenny auftrat.

Papst Benedikt
Foto: pd/Mark Bray
Papst Benedikt (1927 - 2022) sprach das Wort zum Sonntag und brachte Rekordeinschaltquoten.

Spannende Momente beim Wort zum Sonntag

Selbst Päpste schleuste man als Gastredner ein: Jeweils vor ihren Deutschlandreisen sprachen Johannes Paul II. (1987) und Benedikt XVI. (2011) im Ersten, was der Sendung Rekordeinschaltquoten bescherte.

Geschichte schrieb auch der evangelische Pfarrer Jörg Zink, als er 1977 ohne Manuskript zur Entführung des Flugzeuges Landshut Stellung nahm oder 1979 die Umweltzerstörung anprangerte. Ökumenisch wurde es, als während der Corona-Pandemie der evangelische Bischof Heinrich Bedford-Strohm und sein katholischer Kollege Georg Bätzing gemeinsam auftraten.

Das Wort zum Sonntag können Sie in der ARD-Mediathek anschauen.

Kultstatus des Wort zum Sonntag 

Bis zu zwei Millionen Zuschauer schalten das „Wort zum Sonntag“ noch immer ein – oder den Fernseher nach den „Tagesthemen“ und vor dem Spielfilm zumindest nicht aus. Das „Wort zum Sonntag“ gehört zum Samstagabend im Ersten wie das „Sportstudio“ im Zweiten, ein Impuls zum Wochenausklang, der älter ist als die meisten, die ihn mehr oder weniger aufmerksam verfolgen.

Otto Waalkes
Foto: Wikipedia CC-Lizenz: Frank Schwichtenberg
Komiker Otto Waalkes parodierte das Format und verlas "Das Wort zum Montag".

Tatsächlich genießt das „Wort zum Sonntag“ auch ein bisschen Kultstatus, was man an seiner satirischen Aufbereitung sehen kann. Schon in den Siebziger- und Achtzigerjahren verlas der ostfriesische Komiker Otto Waalkes mit schrägen Mundwinklen, Hornbrille und zurückgekämmtem Haar seine Gedanken zu „Theo, wir fahr’n nach Lodz“. Eine seiner Platten trug sogar den Titel „Das Wort zum Montag“.

Das Original freilich wird noch immer am Samstag gesendet – und nicht am Sonntag. Denn man wollte damals den örtlichen Gemeindegottesdiensten keine Konkurrenz machen. Die brauchten sie 1954 eigentlich auch nicht zu fürchten: Es waren die Zeiten, als die Kirchenbänke noch voll waren und im Fernsehen genau ein einziges Programm lief.