Buchtipp: „Auf dem Seil: Franz Kafka“ von Karl-Josef Kuschel

Heiter und gläubig

Karl-Josef Kuschel hat Franz Kafkas zu seinem 100. Todestag gewürdigt. In „Auf dem Seil" erläutert er zentrale Texte des Schriftstellers. Von Claudia Hilsenbeck

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Karl-Josef Kuschel: Auf dem Seil: Franz Kafka. Eine Würdigung. Patmos-Verlag 2024, 152 Seiten, 18 Euro.

Nach Meinung vieler hat Franz Kafka die beste deutschsprachige Prosa des 20. Jahrhunderts geschrieben. Am 3. Juni 1924 ist er im Alter von 40 Jahren an Tuberkulose gestorben. Immer noch gehört er zu den weltweit bekanntesten Schriftstellern. Kafkas 100. Todestag nahm der Tübinger Theologe Karl-Josef Kuschel zum Anlass, eine Wür­digung Kafkas zu veröffentlichen. Er stellt darin einige der zentralen Texte des Schriftstellers vor und erläutert an ihnen, was dessen Literatur so unverwechselbar macht.

Für das latent Bedrohliche, schwer zu Fassende und Unergründliche in den Texten wurde das Wort „kafkaesk“ erfunden. Kuschel geht den Spuren nach, um zu erforschen, wie diese Grundstimmung im Werk des Autors zustande gekommen sein könnte. Dazu legt er dar, wie intensiv sich Kafka mit seiner Religion, dem Judentum, beschäftigt hat. Wie so oft zeigt sich ein Zwiespalt zwischen verlorener Tradition und Moderne, wobei im Falle Kafkas das osteuropäische Judentum für eine Modernisierung noch keinen Ansatz gefunden hatte. Mit den Hinterbeinchen würden sie noch am Judentum der Väter kleben, aber „mit den Vorderbeinchen finden sie keinen neuen Boden“, zitiert Kuschel Franz Kafka. Hier wird Martin ­Buber, der in dieser Zeit ein jugendliches, modernes Judentum repräsentierte, für Kafka wichtig. Um­gekehrt zieht Buber Kafkas Werke in seiner Schrift „Zwei Glaubensweisen“ heran.

Kuschels kleiner Essay führt zu ­Aspekten, die im vielbeachteten Werk Kafkas meistens wenig Beachtung finden, aber für das Verstehen hilfreich sind.