„Wie eine schlechte Castingshow“, so fühlt sich der Bewerbungsprozess an, in den Charlotte hineingeraten ist. Am Ende wird sie „zur Siegerin gekürt“ – und beginnt ihre Stelle als Assistentin in einem Verlag in München. Dort soll sie sich um die Belange des Verlegers Ugo Maise kümmern. Was das im Detail bedeutet, erahnt sie am Anfang noch nicht, als sie ihren Job antritt, zu dem sie die Eltern gedrängt haben.
Doch beim Blick in das Handbuch, das ihr die alte Assistentin überreicht, bekommt sie eine Ahnung davon. Darin ist detailliert erklärt, was für Regeln sie im Umgang mit ihrem übergriffigen Chef zu beachten hat: Seine Suppen isst er nur mit einem schweren WMF-Löffel, die Fernbedienung auf seinem Hotelzimmer muss desinfiziert sein und im Flugzeug kommen nur zwei Sitzplätze für ihn in Frage.
Früh fühlt man sich als Leser an die amerikanische Filmkomödie „Der Teufel trägt Prada“ erinnert, nur dass der Stoff in Caroline Wahls Roman nicht annähernd zum Lachen taugt. Denn schnell wird klar, dass es um Themen wie den Umgang mit Grenzüberschreitungen, Machtmissbrauch und Narzissmus geht, um Konkurrenzkampf und um die Frage, wo persönliche Belästigung beginnt. Das fesselt und regt zum Nachdenken an, und als Leser nimmt man deshalb auch den kommentierenden Erzählstil in Kauf, der eher störend als bereichernd wirkt. Am Ende lernt Charlotte, dass es bei Erfahrungen wie diesen nur um eine Frage gehen kann: Wie viel bin ich mir selbst wert? Die Antwort findet sie in der Musik – und fernab des Verlagskosmos.