Sie hatten einen Ring gebildet, die Reutlinger Bürger – so wie es die aufständischen Bauern auch machten, wenn sie sich zur Beratung zusammenfanden. Und ihn mit Spießen gesichert, so dass keiner hinauskonnte. Vor allem nicht die Ratsherren. Bis diese samt den Bürgern schworen: Matthäus Alber bleibt Prediger. Vor 500 Jahren war das – und ist als Reutlinger Markteid in die Geschichte eingegangen.
Dass da einer seinen Job behält – das klingt ja zunächst nach einer unspektakulären Nachricht. Aber diese Tage im Mai 1524 waren dramatisch – und entscheidend für die Reformation in Reutlingen. Deren Gedanken hatten nämlich durch Matthäus Alber Fuß gefasst in der Reichsstadt. Der gebürtige Reutlinger war Priester in der Stadt – aber einer mit einer besonderen Funktion: Er war als Prädikant, also Prediger, an der Marienkirche angestellt. Anders als seine rund 40 Reutlinger Kollegen musste er nicht im Akkord Messen feiern, sondern konzentrierte sich eben auf das intensive Predigen.
Prädikanten waren deshalb gut ausgebildet. Matthäus Alber hatte in Tübingen und Freiburg studiert – und Philipp Melanchthon kennengelernt sowie Martin Luther gelesen. Da blieb was hängen. Und das hörte man bald auch in Reutlingen. Aber eben auch anderswo: Und so begann der Bischof von Konstanz, eine Untersuchung der Alber-Predigten einzuleiten.
Aber da wird sich trefflich diskutieren lassen – nach dem Impulsvortrag von Barbara Bosch. Sie ist Staatsrätin für Bürgerbeteiligung und war früher Reutlinger Oberbürgermeisterin. Interessant auch der Gast beim Abend über das ökumenische Potenzial des Matthäus Alber (12. Juni): Da kommt die renommierte katholische Professorin Johanna Rahner. Und ein Vortrag von Professor Jürgen Kampmann greift die Weiterentwicklung der Reutlinger Reformation unter Matthäus Alber auf (25. Juni).
Matthäus Alber trieb, mit der Bürgerschaft im Rücken, den reformatorischen Umbau energisch voran. Persönlich (er heiratete, noch vor Luther) und in der Sache: Im Sommer 1524 reichte er erstmals das Abendmahl mit Brot und Wein. Daran erinnert Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl mit einem Festgottesdienst (23. Juni).