Ein lang ausgezogener Tisch ist meist Symbol großer Feierlichkeiten im Familienkreis. Im jüdischen Betsaal ist es kein gedeckter Tisch, denn die Menschen, die daran sitzen könnten, gibt es nicht mehr. Statt Teller und Gläser sind Bilder und Texte aufgestellt.
Es waren Bürger aus Horb, Mühringen, Nordstetten und Rexingen, die in drei Deportationen 1941 und 1942 nach Riga, Izbica und Theresienstadt verschleppt wurden. Es waren Nachbarn, Freunde, Bekannte, denen ihre Religion, das Judentum, zum Verhängnis wurde. Aus welchen Familien kamen sie? Wo haben sie gewohnt? Was haben sie gearbeitet? Diese Fragen wurden aufgearbeitet. Aufgezeigt wird auch das Schicksal ihrer Eltern, ihrer Geschwister, ihrer Kinder. Nur drei der 127 Deportieren, die in der Ausstellung vertreten sind, haben damals überlebt. Teils mit Fotos, teils mit leeren Bilder-rahmen – was einen noch mehr bewegt, wenn nicht einmal mehr ein Bild von diesem Menschen übriggeblieben ist – erinnert die Ausstellung mit Namen, Geburtsdatum und dem Alter bei ihrer Deportation an die ermordeten Häftlinge und auch an diejenigen, die ihrem Leben selbst ein Ende gesetzt haben.
Die Frage, was sich die Rexinger Bürgerinnen und Bürger damals wohl gedacht hatten, als ihre jüdischen Nachbarn „weggebracht“ wurden, kann heute nicht mehr beantwortet werden. Damals wurden deren Häuser von Finanzbeamten zuerst versiegelt und dann leergeräumt. Die Häuser wurden verkauft oder vermietet. Hab und Gut landeten schließlich in der ver-wüsteten Synagoge in Rexingen, die zur Sammelstelle wurde, bevor die Nazis es unter sich verteilten.
Diesem systematischen Ausrauben widmet sich der zweite Teil der Ausstellung. Manch einen wird es dabei verwundern, wie stark landauf ,landab die Finanzämter auch in Freudenstadt und Horb involviert waren. Sie waren damals der ver-längerte Arm der NSDAP, fungierten als Warenhäuser und verteilten, nachdem sie sich zuerst selbst bereichert und ihre Büros und Familien ausgestattet hatten, die übrigen Einrichtungsgegenstände und persönlichen Besitztümer der jüdischen Familien an andere Amtsleiter innerhalb der NSDAP. Der Rest wurde zur Versteigerung freigegeben. Man steht vor den Schriftstücken und kann es nicht fassen. Akribisch wurden Listen des Raubgutes angefertigt. Die Waschkommode mit dem Spiegel, Kartons mit verschiedener Leibwäsche und Damenkleider. Die NSDAP-Organisationen konnten Bestellungen aufgeben.
Für Barbara Staudacher und Heinz Högerle, den beiden Machern der Ausstellung, waren die aktuellen Anlässe, wie die Forderung der AfD neben dem Schutz der nationalen und europäischen Außengrenzen auch ein großangelegtes Remigrationsprojekt durchzuführen, Auslöser für die Ausstellung, die es vor Jahren schon einmal, aber im kleineren Umfang, gab. Wichtig sind den beiden die Aufklärung junger Menschen. „Es wachsen neue Schülergenerationen nach, die durch solche Ausstellungen mit den Berichten aus der näheren und dadurch fassbaren Umgebung daran erinnert werden, niemals zu vergessen, was einst geschehen ist“, sagt Högerle.