Direkt zum Inhalt
Prälatur Reutlingen

Von der Krankenschwester zur Pfarrerin

EFFRINGEN-SCHÖNBRONN – In der Evangelischen Kirche wird das Personal knapp. Daher ermöglicht sie den Quereinstieg ins Pfarramt. Bettina Morlock ist gelernte Krankenschwester und nun Pfarrerin. Von Peter Heinrich

Bettina Morlock steht in einem Talar (Schwarzes Pfarrgewand mit weißem Beffchen) in einer Kirche. Reutlingen
Foto: Peter Heinrich
Bettina Morlock hat den Quereinstieg ins Pfarramt gewagt

Bettina Morlock hat schon viel erlebt. Geboren in Reutlingen, verbrachte sie ihre Kinder- und Jugendzeit in Johannesburg, Südafrika. Ausgebildet als Krankenschwester, weitergebildet zur Jugendreferentin, hat sie in beiden Berufen erfolgreich gearbeitet. Im Alter von 55 Jahren, die Kinder inzwischen aus dem Haus, ist sie nun seit gut einem Jahr in Effringen und Schönbronn Pfarrerin i.A., wie die offizielle Dienstbezeichnung lautet: Pfarrerin in Ausbildung.

Ein Sprung ins kalte Wasser: Ausbildung zur Pfarrerin

Anders als die Vikarinnen und Vikare der württembergischen Landeskirche, die langsam an den Pfarrberuf herangeführt werden, ist das für eine Pfarrerin i. A. eher ein Sprung ins kalte Wasser. „Ich hatte in der zweiten Woche meines Dienstes die erste Beerdigung“, berichtet Bettina Morlock. „Das war sehr ­herausfordernd für mich.“

Allerdings hat sie noch nie Herausforderungen gescheut. In Südafrika zur Krankenschwester ausgebildet und mit 18 Jahren zum Glauben gekommen, beschließt sie hauptamtlich in die Jugendarbeit einzusteigen. Sie absolviert eine Ausbildung in Deutschland zur Gemeindedia­konin beim Evangelischen Jugend- und Missionswerk Bad Salzuflen und landet später der Liebe wegen in Württemberg.

Inzwischen gehören ein Ehemann und vier Mädchen zur Familie und der Wiedereinstieg in den Beruf ­geschieht zunächst in der Krankenpflege. „Für mich waren die klaren Strukturen mit geregeltem Arbeitsanfang und -ende ausschlaggebend“, erklärt die Pfarrerin. „Die Tätigkeit in einer Suchtklinik hat mich dann mit der rauen Wirklichkeit des ­Lebens konfrontiert.“ Nach einem Wechsel in die Intensivpflege für dauerbeatmete Kinder kam die ­Anfrage, ob sie sich wieder den Weg in die hauptamtliche Jugend­arbeit vorstellen könnte. Schließlich wurde sie geschäftsführende Jugendreferentin im Bezirksjugendwerk Freudenstadt.

Warum mit 55 Jahren noch ins Pfarramt wechseln?

Auf manche Ideen bin ich nicht selbst gekommen. Gott hat mich immer wieder überrascht. Ich wurde darauf angesprochen, ob ich mir den Beruf als Pfarrerin vorstellen könnte.

sagt Bettina Morlock

Nach längerem Überlegen auch im Kreise der Familie und mit viel Zuspruch hat sie sich für die Aufnahmeprüfung angemeldet. Diese besteht aus einer mündlichen Prüfung über ein theologisches Thema beim Oberkirchenrat. Hinzu kommen ein religionspädagogischer Test, sowie eine Stunde Religionsunterricht, die der Schuldekan über­prüft. „Egal, was es war, es flutschte, es legten sich keine Steine in den Weg“, berichtet die Theologin, und so konnte die Ausbildung beginnen. Es fehlte nur noch die Ausbildungsgemeinde und die war dann mit den Kirchengemeinden Effringen und Schönbronn auch bald gefunden.

Herausforderung und Chance: Die Ausbildung zur Pfarrerin

Die berufsbegleitende Ausbildung im Pfarramt erstreckt sich, ähnlich wie die ­Vikarsausbildung, über zweieinhalb Jahre. Wer sich in dieser Aus­bildung befindet, übernimmt eine Pfarrstelle und ist dort mit 75 Prozent tätig. Dazu gehört auch die Erteilung von Religions­unterricht. Die restlichen 25 Prozent sind für die Ausbildung reserviert. Diese umfasst insgesamt 19 Kurs­wochen, die in der Regel in der landeskirchlichen Tagungsstätte Stuttgart-Birkach stattfinden. Auch Selbststudium, Vor- und Nachbereitung, Einzel- und Gruppencoaching ge­hören dazu. Es sei eine interessante Erfahrung, erläutert Morlock, mit den Vika­rinnen und Vikaren zusammen die Kurse zu besuchen.

Vikarinnen und Vikare bringen von der Uni viel theologisches Fach­wissen mit, wir Quereinsteiger viel Praxis.

sagt Bettina Morlock

Beides ergänze sich, und  der Altersunterschied sei überhaupt kein Problem. Allerdings sei der Beruf der Pfarrerin schon sehr fordernd, es müsse so viel gleichzeitig geschehen, und man habe nie das Gefühl, wirklich fertig zu sein. Auch der Religions­unterricht mache ihr viel Spaß, obwohl er viel Zeit für die Vorbereitung koste.

„Da ich in der Effringer Grundschule unterrichte, kenne ich die Kinder bereits, wenn ich sie auf der Straße treffe oder im Gottesdienst.“ Das sei ein großer Vorteil für die Be­ziehungspflege.

Weg ins Pfarramt nie bereut

Jedenfalls habe sie den Schritt ins Pfarramt nicht bereut. „Denn ich bin gerne mit Menschen zusammen,“ beschreibt Bettina Morlock ihre Motivation, „und möchte ihnen zeitgemäß und verständlich erzählen, dass wir von Gott  geliebt und angenommen sind und uns jederzeit auf Gott verlassen können.“

Das sieht die Gemeinde ebenso. Wolfgang Much, zweiter Vorsitzender des Kirchengemeinderates Effringen, unterstreicht: „Wir spüren, dass sie ihre Arbeit mit Herzblut macht und ihr auch die Jugendarbeit sehr am Herzen liegt. Wir würden uns freuen, wenn sie auch nach ihrer Ausbildung bei uns in der Gemeinde bleiben könnte.“

Weitere Artikel aus der Prälatur Reutlingen