Die 68-Jährige ist Diplom-Sozialpädagogin. Nach einem intensiven Arbeitsleben hat sie kurz pausiert. Und als sie die Stellenausschreibung der evangelischen Kirchengemeinde Merklingen las, wusste sie, dass das genau das Richtige für sie ist. „Es bröselt in der Gesellschaft“, sagt sie. Nicht nur für Menschen, die in früheren Jahrzehnten treue Gemeindemitglieder gewesen sind, in Familie und Berufsleben fest verankert und im Kirchengemeinderat -gestaltend tätig waren, müsste eine Kultur etabliert werden, die ihnen zeigt, dass sie nicht vergessen seien, sagt Pfarrer Hardecker. „Seitdem ich nicht mehr kann, fragt keiner nach mir“ – diesen Vorwurf wollte man in der Würmtalgemeinde nicht aushalten. Und es sei auch ein falsches Verständnis von Kirche, wenn „die Kirche“ nur der Pfarrer sei.
Das Spektrum der Gemeindeangebote steht Familien mit und ohne Kinder, Heranwachsenden, jungen Erwachsenen und Älteren offen. Doch irgendwann klappt es nicht mehr: der Gang zum Gottesdienst, zum gemeinsamen Mittagessen im Gemeindehaus, zur Gemeindefreizeit, zum Kirchenkonzert. Ulrike Brand, der Nachbarschaftsengel, besucht, hört zu, telefoniert, betet, berät, unterstützt, transportiert auch mal einen Koffer, nutzt das breit angelegte kirchliche und soziale Netzwerk, damit Menschen nicht vereinsamen. „Ach, Sie sind ein -Engel“, hat dann schon mancher oder manche dankbar geseufzt.
Für Ulrike Brand ist ihr Job (fünf Stunden in der Woche) auch eine Glaubenssache. „Wenn wir irgendwohin gehen, ist Gott schon da“, ist sie überzeugt. Ihr offenes Ohr bringt sie immer mit, wenn sie mit ihrem E-Bike unterwegs ist. Es ist auch eine Art, auf den Rückgang der Pfarrstellen zu reagieren, den Zuwendungsbedarf, den die Sozialstationen nicht decken könnte, auszugleichen. Finanziert wird die Stelle vom Krankenpflegeverein der Würmtalgemeinde.