„Remigration“ heißt das Unwort des Jahres 2023. An dem Tag als das bekannt wurde, trafen wir uns wie jeden Montag zum Friedensgebet. „Hab ich noch nie gehört“ hat eine Frau damals gesagt. Also haben wir uns gemeinsam in der Tageszeitung schlau gemacht. Inzwischen ist das Wort und seine Geschichte überall im Gespräch. Bei einem Treffen von AfD-Mitgliedern, anderen Rechtsextremisten und spendenwilligen Unternehmern hat man (wohl nicht zum ersten Mal) über „Remigration“ beraten. Das Recherche-Netzwerk „Correctiv“ hat dort einen Reporter eingeschleust und davon berichtet. Man habe darüber gesprochen, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – wenn nötig unter Zwang. Geplant wurde dies für Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht und „nicht assimilierte Staatsbürger“. Diese Pläne widersprechen offensichtlich dem deutschen Grundgesetz. Die AfD behauptet inzwischen wohl auch deshalb, dass es sich um ein privates Treffen gehandelt habe und dass dort nur über illegale Migration gesprochen wurde.
„Remigration“ – offensichtlich ist das eine Tarnvokabel, die soll verharmlosen, was gegen das Gesetz und gegen die Menschlichkeit ist. So jedenfalls waren wir uns einig beim Friedensgebet. Eine Frau hat dann gesagt: „Ich möchte ja nicht wissen, wie es in unseren Krankenhäusern, in Altenheimen und bei den Pflegediensten aussähe, wenn das Realität würde“. Ein Mann hat ergänzt: „Und bei den Handwerkern“. Das muss man sofort zu Bedenken geben, wenn irgendwo von „Remigration“ geredet wird. Das haben wir uns beim Friedensgebet fest vorgenommen.
Während des Friedensgebets hatte es geregnet und es war spiegelglatt geworden. Mein Heimweg ist ein bisschen abschüssig und es war dunkel. Ich wusste wirklich nicht, wie ich unbeschadet heimkommen sollte. Hilflos stand ich auf dem Gehweg. Ein freundlicher jüngerer Mann hat mich beobachtet. „Brauchen Sie Hilfe?“ hat er gefragt, mich am Arm genommen und sicher nach Hause begleitet. Er ist aus Italien, hat er mir erzählt. Und die dunkelhaarigen jungen Männer, die sofort aufstehen, wenn ich mit meinem Stock in die volle S-Bahn einsteige? Auch Ausländer. Bloß gut, dass sie da sind.