Lucie Panzer meint

Evangelisch-fromm oder mild-religiös

Kolumne
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Am 14. Februar war Valentinstag. In vielen Kirchen werden an diesem Tag „Gottesdienste für Liebende“ gefeiert. Da gehen Paare hin, die dankbar sind für ihre gute oder wieder gute Beziehung zueinander. Sie möchten, dass es so bleibt und können sich segnen lassen. Offensichtlich möchten das viele. Die Gottesdienste sind gut besucht – von Menschen, die ich sonst nicht in der Kirche sehe.

Am selben Tag war in diesem Jahr Aschermittwoch. Da beginnt die Fastenzeit. Ich mache dann seit vielen Jahren „7-Wochen-ohne“. Aber ich war doch überrascht, dass nach einer unabhängigen Statistik aus dem Jahr 2023 19% der Deutschen schon mehrmals gefastet haben. (Mitglied der evangelischen Kirche sind ca 22%) Viele sicher wegen der Gesundheit oder um abzunehmen. Aber die meisten sagen auch: Man merkt dann, was wirklich wichtig ist.

Noch eine Beobachtung: Alle paar Wochen mache ich Hütedienst in einer Kirche. In die Kirche war eingebrochen worden und damit sie weiterhin offen sein kann, sitzt jetzt zweimal in der Woche ein Kirchenhüter da. Ich bin überrascht, wie viele Menschen hereinkommen und eine Kerze anzünden. Vor allem auch Eltern mit Kindern. „Ich will auch noch eine für den Opa anzünden!“ habe ich neulich gehört, nachdem das Kind schon mehrere angezündet hatte. Eine Mutter hat mir erzählt, dass ihre Kinder unbedingt deshalb kommen wollen, weil man dort Kerzen anzünden kann.

Ich habe lange ziemlich kritisch auf diese irgendwie alltäglich-unverbindlichen Verhaltensweisen geschaut. Inzwischen habe ich das Buch „mild religiös“ des Mainzer Theologieprofessors Kristian Fechtner gelesen. Und ich überlege mir: Ist es denn schlimm, wenn moderne Menschen christliche Traditionen selbständig und nach ihrem Bedürfnis weiterführen? Fasten, beten und Kerzen anzünden, Menschen segnen: das sind doch christliche Traditionen. Genauso wie das Pilgern, das ja auch vielen gut tut. Diese Formen moderner Frömmigkeit sollte man pflegen, sagt Kristian Fechtner. Ich denke mir: Wo etwas gepflegt wird, kann es wachsen. Was da wächst, das macht Gottes Geist lebendig. Und der weht, wo er will – wie der Wind.

Das meint Lucie Panzer. Und was meinen Sie?

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