Pfarrer Nicolai Opifanti vor einem blauen Hintergrund.
Nicolai Opifanti meint

Fasten stärkt die Beziehung zu Gott

Plastik, Alkohol, Auto, Zigaretten, Schokolade…die Liste an Dingen, die man fasten kann, ist unendlich lang und noch immer nutzen viele die 40 Tage der Passionszeit, um auf das ein oder andere (zu) liebgewonnene Genussmittelchen zu verzichten.

Aber wie ist das eigentlich? Gibt es so etwas wie einen Fastenzwang für Christen? Wie so oft gilt auch bei dieser Frage: "Es ist kompliziert." Fakt ist, das Fasten nimmt in der Bibel eine hohe Stellung ein. Dabei fasteten zu biblischen Zeiten die Menschen aus ganz unterschiedlichen Gründen: als Ausdruck ihrer Trauer (2. Samuel 1,11), um die Ernsthaftigkeit des eigenen Gebets zu unterstreichen (2. Samuel 12,16) oder als Zeichen der Verhaltensänderung („Bußfasten“ vgl. Jona 3,5). Jesus hat ebenfalls ein kompliziertes Verhältnis zum Fasten. Einerseits fastete er selbst in der Wüste 40 Tage und 40 Nächte und begründet damit bis heute die vierzigtägige Fastenzeit, andererseits ist ihm wichtig, dass das Fasten nicht als religiöser "Egoboost" verwendet wird, sondern vor allem der inneren Ausrichtung auf Gott dient (Matthäus 6,16).

In dieser Spannung zwischen Freiheit und Notwendigkeit leben seitdem auch die christlichen Kirchen bei der Fastenfrage. Seit dem 4. Jh. gibt es die vierzigtägige Fastenzeit vor Ostern und im Laufe der Zeit entwickelte sich daraus eine feste Fastenordnung mit allerhand Vorschriften (wie dem Verzicht auf Fleisch). Die Gefahr: Fasten konnte so als rein äußerliches Werk missverstanden werden, das man halt macht, um vor anderen als guter Christ dazustehen. Gegen diese Gefahr protestierten die Reformatoren. In Zürich kam es 1522 in der Fastenzeit zum provokanten Wurstessen als Zeichen dafür, dass es nach evangelischem Verständnis beim Fasten um eine bewusste Neuausrichtung auf Gott geht und nicht um eine religiöse Pflicht.

In dieser Tradition gilt für mich persönlich: Fasten ja, voll gern, wenn es einem hilft die Beziehung zu Gott zu stärken, indem man z.B. bewusst auf Dinge verzichtet, die dieser Beziehung im Wege stehen. Fasten nein, wenn es nur darum geht eine religiöse Pflicht zu erfüllen.

Das meint Nicolai Opifanti. Und was meinen Sie?

Sagen Sie uns auf Facebook Ihre Meinung: zu unserer Facebook-Seite

Weitere Kolumnen