In Stuttgart lebt ein Vater, der ein ordentliches Strafregister vor sich herschiebt und dessen Söhne allesamt mehrmals straffällig geworden sind. Er hat auf die Frage, warum so viele seiner Söhne gewalttätig geworden sind, geantwortet: „Weil das Jugendamt versagt hat.“
Was absurd klingt, ist leider typisch für ein Verhalten, das ich schon im Elementarbereich in unserer Kita beobachte. Wir Menschen schieben gern die Schuld auf andere. Wenn das Kind in der Kita Ärger macht, dann liegt das nach Meinung einiger nicht an der Erziehung oder am Kind selbst, sondern an den Erzieherinnen, dem Bildungssystem, den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und im Zweifel immer an der Politik. Der allgemeine Hang, die Schuld auf andere zu schieben, nimmt uns etwas von unserer gottgegebenen Würde.
Als Theologe bin ich überzeugt: Gott hat jeden Einzelnen mit Verantwortung gesegnet. Wir als Menschen sollen die Erde bebauen und bewahren, dürfen Ebenbilder Gottes sein, also in seinem Namen gestalten und verwalten, was er uns anvertraut hat. Das verleiht jedem Einzelnen eine tiefe Würde, aber eben auch Verantwortung. Deswegen sagt die Bibel, dass wir alle uns vor dem Richterstuhl Gottes werden verantworten müssen. Gott nimmt uns ernst in dem Verantwortungsbereich, den er uns gibt. Wenn wir versuchen, uns zu entschuldigen, indem wir die Schuld auf andere schieben, wenn wir schon den Kleinsten immer eine Ausrede mitgeben, dann entmenschlichen wir uns, dann entmenschlichen wir unsere Kinder, dann nehmen wir ihnen die Würde, als Einzelperson von Gott mit Verantwortung gesegnet zu sein. Eine gesellschaftliche Haltung, die dazu tendiert, Schuld auf andere abzuwälzen, mündet in eine Ethik der Verantwortungslosigkeit. Sie nimmt Menschen das göttliche Privileg, mit einem eigenen Wirkungskreis im Leben gesegnet zu sein.
Ein sich beständig selbst entschuldigender Mensch wird immer von anderen gelebt, da er bei anderen Menschen die Schuld sucht, die er selbst vor Gott und den Menschen zu verantworten hätte.