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Pfarrer im Ruhestand Ludwig Burgdörfer vor einem blauem Hintergrund.
Ludwig Burgdörfer meint

Höchste Zeit!

Eine Sanduhr und ein Wecker. Kolumne
Canva

Neulich hat mich Gott so im Vorübergehen gefragt, wie viel Uhr es ist. „Fünf vor zwölf!“, hab ich gesagt. Da ist er überrascht stehen geblieben. „Immer noch fünf vor zwölf? Das sagt ihr nun doch schon seit 50 Jahren, oder länger. Dann ist eure Zeit also stehen geblieben?“

Da habe ich angefangen, ihm den Stand der Dinge zu beschreiben. Hab gesagt, dass er ja wohl am besten wisse, wie ernst es um unsere Zukunft bestellt ist. Dass wir schon seit geraumer Zeit am Abgrund stehen und seither immer weiter damit vorankommen. Dass wir aber schwer beschäftigt sind mit anderen Themen als mit dem lei­digen Klima, der Umwelt und der Hungersnot. Dass wir uns um diese Luxusprobleme erst wieder kümmern können, wenn wir alles getan haben, um besser für den Krieg und unsere Verteidigung gerüstet zu sein, dass wir Wohlstand und Wachstum erst einmal sichern müssen und nicht wissen, wie man anfängt aufzuhören mit dem unaufhörlichen „Weiter so!“.

Obwohl Gott gar nicht mehr so ­richtig zugehört hat, habe ich ihm noch schnell sagen wollen, dass wir gut Bescheid darüber ­wüssten, dass wir über unsere Verhältnisse leben und dass uns die eine Erde, die er uns nur gegeben hat, auf Dauer ­einfach nicht ausreicht. Spätestens als ich diesen Satz anbringen wollte, war Gott mit ­seiner Aufmerksamkeit längst woanders.

Irgendwas hörte ich ihn vor sich hinsagen von wegen „Sich einmischen!“  und „Euch ist nicht zu helfen!“. Um mich doch noch zu rechtfertigen, schob ich schnell nach, dass man uns als Kirchen eher empfiehlt, uns aus allem rauszuhalten und mehr Bibel als Zeitung zu lesen. Gern hätte ich ihm noch vom Kirchentag in Hannover erzählt und von dem mitreißenden Motto, mit dem wir Christen unsere Zeitgenossenschaft wiederbeleben wollten, weil wir endlich wieder mal mutig, stark und beherzt seien. Aber das hat er alles schon nicht mehr gehört. Ich habe ihn nur noch im Weggehen „Höchste Zeit“ sagen hören.

Das meint Ludwig Burgdörfer. Und was meinen Sie?

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