Auf dem Weihnachtsmarkt kann man eine Krippe kaufen. Ein Sonderangebot. „Ohne Juden, Palästinenser, Araber und Schwarze! “ Übrig bleibt: ein Stall, eine Krippe voller Heu und Stroh, ein Ochse und ein Esel. Aussortiert sind: Maria und Josef (Juden), die Hirten (Juden; oder Palästinenser), die Weisen aus dem Morgenland (Araber; es wird erzählt, einer soll schwarz gewesen sein) und das Kind aus der Krippe (Jesus war Jude).
Gott sei Dank ist das nur eine Karikatur, die ich irgendwo gesehen habe. Obwohl:, viele wünschen sich, dass die Welt so wäre: Ohne die, die anders sind als „wir“. Aber wie leer wäre dann die Welt! Aus der Vielfalt ist unsere Kultur gewachsen. Mir ist eine Szene aus Carl Zuckmayer, „Des Teufels General“ unvergesslich. Da tröstet der General einen jungen Offizier. Seine Braut will ihn nicht heiraten, weil „mit meinen Papieren etwas nicht stimmt“: Er kann keinen Ariernachweis erbringen. Da sagt ihm der General: „Ja, schrecklich diese alten verpanschten rheinischen Familien! Stellen Sie sich doch nur mal Ihre mögliche Ahnenreihe vor. Da war ein römischer Feldhauptmann, schwarzer Kerl, der hat einem blonden Mädchen Latein beigebracht. Dann kam ein jüdischer Gewürzhändler in die Familie, das war ein ernster Mensch, der ist noch vor der Heirat Christ geworden und hat die katholische Haustradition begründet. Dann kam ein griechischer Arzt dazu, ein keltischer Legionär, ein Graubündner Landsknecht, ein schwedischer Reiter, ein französischer Schauspieler, ein böhmischer Musikant - das alles hat am Rhein gelebt, gerauft, gesoffen und gesungen und Kinder gezeugt.“ Und was ist aus dieser Mischung geworden? Der General sieht das so: „Der Goethe, der kam aus demselben Topf, und der Beethoven, und der Gutenberg, und der Matthias Grünewald, und so weiter und so weiter. Es waren die Besten, mein Lieber! … das heißt: Abendland. Das ist natürlicher Adel.”
Nur aus der Vielfalt von Einflüssen und Traditionen, von Sprachen, Weltanschauungen und Überzeugungen ist entstanden, was uns heute selbstverständlich ist. Wir nennen es inzwischen „christliches Abendland“ und vergessen gern, aus wie vielfältigen Wurzeln unsere Kultur gewachsen ist.