Über viele, allzu viele Jahre hinweg ist man in der Trauerarbeit davon ausgegangen, dass trauernde Hinterbliebene am Ende ihres Trauerweges unbedingt loslassen müssen. Sie sollten hart und schmerzvoll zwar, aber zielorientiert und effektiv unbedingt daran arbeiten, ihre Verstorbenen endgültig und bewusst zu verabschieden. Sie sollten die Abwesenheit des vermissten Herzensmenschen akzeptieren. Dann würden sie schlussendlich auch die Trauer los.
Das war ein großer Irrtum gewesen und hat die betroffenen Menschen oftmals nur noch trostloser gemacht. Unendlich viel Leid und enormen Schmerz haben sie zusätzlich ertragen, weil sie sich so ernsthaft wie vergeblich darum bemüht haben, dieses Ziel zu erreichen. Loslassen konnten sie aber nie ganz.
Wie auch? Beziehungen enden nicht mit dem Tod. Wer sich lieb hat, hört damit nicht auf. Tod und Sterben, Abschied und Trauer sind bitter, aber sie können eine herzinnige Beziehung nicht zerstören. Beziehungen mögen nicht für immer sein, aber sie sind ewig, wenn sie aus Liebe sind! Darum ist es auch so wertvoll und so wunderbar, dass Jesus selber genau das so gesagt hat. Als er sich hat verabschieden müssen aus diesem Leben, da hat er zu seinen Freundinnen und Freunden nicht etwa gesagt: „Ihr müsst mich jetzt halt loslassen!“ Sondern er hat ihnen erklärt, dass er jetzt schon einmal vorgeht, hinüber in die andere, himmlische Welt Gottes, um alles für sie vorzubereiten. Es gebe viele Wohnungen im Reich seines himmlischen Vaters. Da sei Platz genug für alle, die nachkommen. Er wolle dafür sorgen, dass das Himmelbett schon gemacht ist, wenn wir kommen. „Damit ihr seid, wo ich bin!“ (Johannes 14,3).
Es geht bei der Trauer also nicht ums Loslassen, sondern ums Überlassen, ums Anvertrauen. Trauer und Liebe lassen nicht los, sondern bleiben in Beziehung über den Tod hinaus. Wir räumen die Nähe derer, die wir lieben, nicht aus, sondern ein. Wir geben ihnen ihren Platz in unseren Herzen für immer und ewig.