Pfarrer im Ruhestand Ludwig Burgdörfer vor einem blauem Hintergrund.
Ludwig Burgdörfer meint

Wahre Freunde lassen sich bitten

Zwei ältere Frauen haben viel Spaß beim gemeinsamen Schaukeln. Kolumne
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Der scharfzüngige irische Satiriker Bernhard Georg Shaw soll einmal sinngemäß gesagt haben, wahre Freundschaften seien Gottes Entschuldigung für die Verwandtschaft. Frei nach der volkstümlichen Redeweise, dass man sich Freunde aussuchen kann, Verwandte aber einfach hat.

Nicht erst seit dem alten Filmschinken „Die Drei von der Tankstelle“ wissen wir, dass ein guter Freund einfach das Beste ist, was es gibt auf der Welt. Gerade in diesen unfreundlichen Zeiten spüren wir, wie wichtig uns Freundinnen und Freunde sind. Wenn herz­innige Feindschaft um sich greift und die ganze Welt in Atem hält, dann dürfen vertrauensvolle Kontakte in nah und fern nicht vernachlässigt werden.

Freundschaften wollen aber gut ­gepflegt werden. Wie das geht, hat Jesus einmal so erzählt: Ein Freund bekommt unerwartet Besuch. Es ist schon Abend und er hat kein Brot mehr zuhause. Darum geht er hinüber zu seinem Freund und klopft heftig an die Tür. „Du musst mir Brot leihen!“ ruft er, „ich habe unverhofft Besuch bekommen!“ Zuerst ist ziemlich viel Unmut von drinnen zu hören: „Ruhe bitte! Die Tür ist zu! Wir sind schon alle im Bett! Ich stehe jetzt nicht mehr auf!“ Aber der bittende Freund gibt sich damit nicht zufrieden und klopft weiter. Und Jesus sagt: Am Ende wird der so angebettelte Freund doch noch einmal aufstehen und das Brot nicht verweigern, alleine schon, weil der Bittende so hartnäckig ist.

Freundschaft ist also nicht nur lustig, sondern manchmal auch lästig. Das darf sie. In der Freundschaft darf man einander auch ohne Scham und Scheu etwas Unbequemes zumuten. Wahre Freundschaft hält das aus. Und falls jemand sagen sollte: „Aber so eine Freundschaft habe ich nicht!“ meint Jesus: „Doch! Bei Gott dürfen wir genauso unverschämt betteln und klopfen. Der lässt keinen Menschen einfach draußen stehen!“ 

Darum gilt: Mach’s wie Gott, sei so gut und lass dich bitten. Freundschaft ist keine brotlose Kunst.

Das meint Ludwig Burgdörfer. Und was meinen Sie?

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